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date: 2013-06-02 15:27:00
tags: Aufsatz
title: Ein Sklave der Freiheit
teaser: |
<p>
Georg Wilhelm Friedrich Hegel versteht dagegen das Recht als das Dasein der
Idee der Freiheit, die ihrerseits existenziell für das menschliche Wesen ist.
Diese Idee wird nicht wie die ewige Pest von Eltern zu ihren Kindern
weitergegeben, sondern vielmehr werden immer mehr ihrer Momente vom Geist
aufgenommen und verwirklicht, sie ist die Einheit von Begriff und
Wirklichkeit, die der Begriff sich selbst gibt. Die Freiheit, die die
Substanz des Rechts darstellt, wird von Hegel nicht als etwas Schlechtes,
Gesetzloses, Anarchisches verstanden, sondern als etwas moralisch
Positives, sodass man auf höheren Entfaltungsstufen des Geistes von einem
vollkommeneren Recht reden kann.
</p>
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\subsection{Begriff des Rechts in Hegels Rechtsphilosophie}
\epigraph{%
Es erben sich Gesetz und Rechte\\
Wie eine ewge Krankheit fort,\\
Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte\\
Und rücken sacht von Ort zu Ort.\\
Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage;\\
Weh dir, dass du ein Enkel bist!\\
Vom Rechte, das mit uns geboren ist,\\
Von dem ist leider! nie die Frage.}{\textbf{Johann Wolfgang von Goethe\footcite[55]{faust}}}
Johann Wolfgang von Goethe legt diese Worte dem Teufel in den Mund, der einen
Schüler belehrt. Man spricht davon, dass klassische Dichter wie Goethe immer
aktuell bleiben oder sogar mit der Zeit an Aktualität gewinnen. Ist es so?
Goethes Zeitgenosse, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, versteht dagegen das Recht
als das Dasein der Idee der Freiheit, die ihrerseits existenziell für das
menschliche Wesen ist. Diese Idee wird nicht wie die ewige Pest von Eltern zu
ihren Kindern weitergegeben, sondern vielmehr werden immer mehr ihrer Momente
vom Geist aufgenommen und verwirklicht, sie ist die Einheit von Begriff und
Wirklichkeit, die der Begriff sich selbst
gibt\footcite[Vgl.][234 f]{schnaedelbach}. So befindet sich auch das Recht
im permanenten Progress, denn „[j]ede Stufe der Enwticklung der Idee der
Freiheit hat ihr eigentümliches
Recht [\dots]“\footcite[43]{grund}. Die Freiheit, die die
Substanz des Rechts darstellt, wird von Hegel nicht als etwas Schlechtes,
Gesetzloses, Anarchisches verstanden, sondern als etwas moralisch
Positives\footcite[Vgl.][40 f]{thought}, sodass man auf höheren
Entfaltungsstufen des Geistes von einem vollkommeneren Recht reden kann.
Der Mensch geht einen dornigen Weg in der Geschichte, reinigt sein
Menschenbild. Es ist kaum zu bestreiten, dass ein Bürger eines modernen
Rechtsstaates, rechtstheoretisch gesehen, freier als zuvor ist; aber was ist
jenes Recht, das uns diese Freiheit gibt: Ist es ein Segen, wie es Hegel
beschreibt, oder doch eine beständig anschwellende Bürde, wie es der als Faust
verkleidete Mephisto behaupten würde? Im Folgenden wird mich die Frage
beschäftigen, inwiefern das Rechtssystem eines Staates das Wohlergehen seiner
Bürger widerspiegelt; ob ein höheres Recht sich im immer menschlicher werdenden
Menschen spürbar macht.
\subsection{Wie ist die Entwicklung in der Geschichte möglich?}
Der erste Punkt, der in diesem Zusammenhang von Belang ist, ist, wie Hegel
denkt, die Verbindung zwischen dem staatlichen Recht und den Bürgern dieses
Staates herstellen zu können. Es ist bei Hegel so, dass das Recht zu einem
bestimmten Zeitpunkt die Entwicklungsstufe des Volksgeistes darstellt. Es sei
deswegen gar nicht möglich, dass irgendein Mensch seine Zeit überholt. Als
Beispiel erwähnt Hegel den platonischen Staat und behauptet, dass er kein
Vorbild in alle Ewigkeit, sondern nur „die Natur der griechischen
Sittlichkeit“\footcite[Vgl.][13]{grund} jener Zeit sei. Ein noch
besseres Beispiel wäre, dass Hegel zwar den Anspruch erhebt, nicht über einen
konkreten Staat bzw.\ ein politisches System zu
schreiben,\footcite[Vgl.][15]{grund} seinem Vorhaben selbst aber
nicht immer treu bleibt. So vertritt er die konstitutionelle Monarchie als die
beste der bekannten Staatsformen, womit man heutzutage nicht unbedingt zufrieden
wäre,\footcite[Vgl.][249 ff]{schnaedelbach} d.h.\ er hielt für etwas
allgemein Vernünftiges und einem Rechtsstaat Unentbehrliches, was bloß der
Tradition seiner Zeit angemessen war.
Vielmehr schreibt Hegel, dass die Philsophie mit ihren Belehrungen immer zu
spät sei, „[a]ls der Gedanke der Welt erscheint sie erst in der Zeit, nachdem
die Wirklichkeit ihren Bildungsprozeß
vollendet [\dots] hat.“\footcite[Vgl.][17]{grund} Es scheint Hegels
Antwort auf die Frage zu sein, wie überhaupt geschichtlicher Fortschritt möglich
ist, wenn der Mensch seiner eigenen Zeit nicht voraus sein kann, dass der Geist,
das freie Bewusstsein und damit das Recht sich unabhängig vom menschlichen
Wollen entwickeln. In der Tat wird das Menschenbild in Europa immer
fortschrittlicher: es gibt keine offizielle Sklaverei, die Hautfarbe entscheidet
nicht über die menschliche Würde und die Eltern haben keine Macht über ihre
Kinder wie über einen Gegenstand. In Deutschland werden diese Ansichten auch
juristisch im Grundgesetz verankert.
Ferner sieht Hegel das Ziel der Philosophie in der Erforschung des
Wirklichen, das auch vernünftig ist.\footcite[Vgl.][15 f]{grund}
Somit ist alles Klagen über den wirklichen Staat unvernünftig. Es gibt jedoch
auch Rückschritte. Was ist mit den Zeiten, die von den meisten Menschen im
Nachhinein als höchst unvernünftig und sogar unmenschlich betrachtet werden, wie
z.B. die des deutschen Nationalsozialismus: musste man dem Staat gehorchen, weil
er wirklich und vernünftig gewesen war? „[\dots] Hegel distinguished between
phenomena that embody a rational structure and those that do
not“\footcite[234]{cambridge}, heißt es bei Kenneth Westphal mit
dem Verweis auf das Vorwort der Philosophie des Rechts. Wann ist dennoch diese
Grenze des Vernünftigen überschritten? Hier stolpern wir über das erste Problem,
was die Entfaltung des Geistes angeht: Es gibt kein wirkliches Kriterium, um die
jeweilige politische Situation bewerten zu können. Hegel sucht nach dem
Vernünftigen trotzdem im Transzendentalen und setzt damit anstelle der Willkür
seiner unvernünftigen Mitbürger, die ständig über ihren Staat klagen, seine
eigene Willkür.\footnote{Zu demselben Gedanken führt Hegels Plädieren für die
konstitutionelle Monarchie, die ich oben erwähnte.} Da man jedoch, wenn
man die Gegenwart mit der Vergangenheit vergleicht, den Fortschritt feststellen
kann, muss die blinde Menschheit von der Geschichte an der Hand geführt werden,
sie stößt gegen Gegenstände im dunklen Raum und zieht sich blutige Wunden im
Gesicht zu, nähert sich aber immer mehr dem Funken der Freiheit. Doch frage ich
mich: Was ist diese Menschheit in ihren Einzelteilen, wirken die Organen im
Ganzen des Organismus mit?
\subsection{Zusammenhang des Menschenbildes und seiner Verwirklichung}
Die Behandlung dieser Frage beginne ich mit einer kurzen Geschichte. Ich
wurde einmal in Hamburg von einer Gruppe junger Leute angesprochen. Sie seien
von einem Unternehmen angestellt, dessen Auftrag es sei, Jugendlichen aus
schwierigen Verhältnissen zu helfen, ins Berufsleben einzusteigen, und zwar
sollen die Letzteren Zeitschriften austragen. Meine Aufgabe sei es, dabei zu
helfen, sie zu kontrollieren. Dafür sollte ich eine Zeitschrift beantragen; ich
werde regelmäßig ein Formular zugeschickt bekommen, in dem ich einzutragen
hätte, ob ich alle Zeitschriften in dieser Periode erhalten hatte. Meine
Belohnung sei, dass ich die Zeitschrift ein halbes Jahr lang gratis bekäme. Ich
unterzeichnete den Vertrag. Mehrere Wochen danach bekam ich mein erstes Magazin
zusammen mit einem zweijährigen Abonnement, das ich selbstverständlich bezahlen
musste. Die Angelegenheit entpuppte sich also als eine sogenannte „Abofalle“. Da
ist auch klar, warum der Vertrag erst zwei Wochen später zugesandt wurde (damit
ich Angst habe, dass ich nach vierzehn Tagen nicht mehr kündigen kann, was in
der AGB auf der Rückseite des Vertrages klein geschrieben steht). Seitdem
erhielt ich eine Sammlung von Briefen, die mir meine letzte Chance ankündigen,
meine Schulden zu begleichen, bevor ich vor Gericht gezogen werde. Dabei
handelte es sich nicht um einen harmlosen Einzelfall. Auf der Suche nach Hilfe
bin ich weiteren Opfern begegnet. Wir waren mit einer Organisation konfrontiert,
die schon seit Jahren auf verschiedene Weisen, aber immer mit gut ausgesuchten
und bis ins Detail durchdachten Methoden die Menschen betrügt, den naiven
Bürgern das letzte Vertrauen entzieht und Rentner ohne ihre Ersparnisse im Stich
lässt.\footnote{Viel extremer sind die Rechtsstreitigkeiten der letzten Jahre in
der IT-Industrie zwischen großen Unternehmen, wie 2012 zwischen Apple und Samsung
oder Oracle und Google. Ohne weiter auf die Details eingehen zu wollen, muss man
doch feststellen, dass zwar ein an sich ganz gerechtes Anliegen vertreten wurde,
doch bei näherer Betrachtung der Gründe ähnelten die Prozesse doch einem Abzock
des jeweils angeklagten Unternehmens.} Hier kommt die
Schattenseite des modernen Rechts zum Vorschein: Die Freiheit bietet auch
Freiheit für Verbrecher. Wozu muss jemand altmodisch in einer dunklen Gasse auf
seine Opfer stechen und sie berauben, wenn es anhand des vorhandenen
Rechtssystems viel eleganter und sicherer gelingt? Und es geht gar nicht um das
Gesetz, dass in dicken Büchern niedergeschrieben ist und das bloß ausgenutzt
wird, aber an sich ganz angemessen ist, natürlich hätten z.B. die Betrüger in
meinem Fall keine Chance vor Gericht gehabt, wenn ich zum Anwalt gegangen wäre;
es geht um Menschen aus Fleisch und Blut mit ihren Schwächen, Menschen, von
denen nicht jeder Spaß daran hat, nach der Arbeit seine Rechte zu studieren,
Menschen, die um die Freiheit des Rechts fürchten.
Noch ein paar Worte möchte ich zur Freiheit sagen, die Hegel nach dem Recht
innewohnt. Die Würde des Menschen als eines freien Wesens wird immer mehr
ausgeprägt und legitimiert; in einer anderen Hinsicht wird dem Menschen seine
persönliche Freiheit entzogen. Es finden sich immer Menschen, die einen solchen
Fall, wie den, den ich geschildert habe, ungefähr folgendermaßen kommentieren
würden: „Du solltest nicht so dumm sein, du bist selber schuld.“ Welcher Unfug!
Das Vertrauen in andere Menschen wird dabei mit Naivität und Dummheit
gleichgesetzt. Der Mensch wird immer verschlossener, kann nicht mehr frei
handeln: die Anderen umgeben ihn. Wem vertrauen wir? Unseren Nachbarn? Einem neu
geöffneten Online-Shop? Dem Priester? Der Gnade der Politiker? Bankberatern?
Deswegen ist vielleicht der lateinische Satz „homo homini lupus“ zu einem
international bekannten Sprichwort geworden. Hegel sieht Freiheit einseitig,
deswegen ist es so schwer, mit Hegel zu sagen, dass die Sittlichkeit „die Idee
der Freiheit, als das lebendige Gute“\footcite[133]{grund}
sei.\footcite[Vgl.][229 ff]{cambridge0} Wobei ich gar nicht sagen
wollte, dass alles jede Minute schlechter wird. Es wird bloß nicht besser. Mein
Ziel war dieses Paradoxon aufzuzeigen, dass unser Menschenbild immer sauberer
wird, aber andererseits nur im Grundgesetz, nicht in der Seele unseres Nächsten.
Jede Stufe der Entwicklung der Idee der Freiheit hat ihren eigentümlichen
Betrug, ihre moralische Nicht-Freiheit.
\subsection{Zu politischen Systemen}
Karl Popper schreibt auch, dass die politische Freiheit grausam, zu einer
Katastrophe werden kann. Seine Behauptung bekräftigt er unter Anderem damit,
dass der Freiheitskampf Terrorismus auslösen kann.\footcite[Vgl.][171 f]{popper}
„Nein, wir wählen die politische Freiheit nicht, weil sie uns das oder jenes
verspricht. Wir wählen sie, weil sie die einzig menschenwürdige Form des
menschlichen Zusammenlebens möglich macht; [\dots]“\footcite[172]{popper}
Demokratie definiert er als eine Staatsform, in der es möglich sei, die
Regierung ohne Blutvergießen „loszuwerden“. Im Gegensatz dazu steht
Tyrannis.\footcite[Vgl.][168]{popper} Einfachheitshalber werde ich im
Folgenden seine Terminologie verwenden.
Man könnte sich fragen, ob die politische Freiheit tatsächlich so einen hohen
Wert in den Köpfen der Menschen hat, wie ihn ihr Popper und Hegel beimessen, ob
es einen Zusammenhang zwischen dem Menschenbild, Wertesystem und der politischen
Ordnung, politischen Freiheit gibt. Dies kann man es an einem Beispiel aus der
modernen Gesellschaft verdeutlichen. Deutschland wäre eine sehr unpassende
Variante, weil man hier wegen des verlorenen Krieges ein totalitäres Regime noch
ein paar Jahrzehnte verabscheuen wird, anders ist es z.B. in Russland, wo ich
aufgewachsen bin und meine ersten Lebensansichten von der Kultur aufgedrängt
bekommen habe, dem Land der „Helden und Sieger“\footnote{Es ist nicht mein
favorisierter Ausdruck, sondern eher die Volkseinstellung, mit der man oft
konfrontiert wird.}. Popper übertreibt
übermäßig den Wert der Freiheit, weil das Blut in Freiheitskämpfen in seltesten
Fällen für die Freiheit vergoßen wurde. Ein Freiheitskampf innerhalb eines
Landes wird gerne angefangen, wenn es den Menschen an Brot fehlt. Diese
Anmerkung macht auch deutlich, worum es einem in der Geschichte geht. In
Russland zeigt sich daher wegen eines schlecht organisierten Sozialsystems und
starker Korruption, dass man sich von der Freiheit nicht sättigen und nicht
seinen Durst mit ihr stillen kann. Einerseits wollen einige Angehörige der
orthodoxen Kirche, die gewissen Einfluss hat, einen Monarchen, einen orthodoxen
Zaren, andererseits vergöttern viele die Sowjetjunion und selbst solche Tyrannen
wie Stalin. Wie gesagt, Stalin ist kein Tyrann im Sinne Hitlers, nur dank ihm
sei der Sieg im Krieg möglich gewesen und es wird ernsthaft bezweifelt, dass das
moderne demokratische Russland einen derartigen Freiheitskampf gegen fremde
Eroberer aushielte. Jährlich treten die Veteranen am 9.
Mai\footnote{Siegestag im Zweiten Weltkrieg, gesetzlicher Feiertag.} auf und berichten, wieviel
besser es in der Sowjetunion war, weil es Ordnung gegeben habe. Es offenbart
sich eine ganz andere Wahrnehmung des Totalitarismus, die selbst dadurch nicht
verhindert wird, dass es nicht ganz klar ist, ob mehr Menschen im Krieg
gestorben sind oder von der eigenen Regierung hingerichtet wurden.
Aus dem oben angeführten Beispiel kann man ablesen, dass die Menschheit die
Freiheit nicht um der Freiheit willen anstrebt, dass sie keinen unbedingten Wert
hat. Außerdem war Hegel anscheinend der Ansicht, dass ein politisches System
besser als das andere sein kann (sonst wären seine Ausführungen bezüglich der
konstitutionellen Monarchie sinnlos). Aber bei uns herrscht nun Demokratie und
sie ist keine neue Regierungsform, also kann man nicht sagen, dass Hegel von ihr
nichts wusste und sie deswegen nicht bevorzugte. Die westliche Demokratie ist
lediglich besser als die antike, sie stellt aber nichts Neues dar. Eine Tyrannis
ist auch nicht jeder Tyrannis gleich (hier ist das Wort Monarchie angemessener,
weil „Tyrannis“ in der modernen Sprache einen negativen Nachklang hat). Jetzt
kann man darüber nachdenken, ob die Geschichte nicht etwas kreisförmig ist. Die
Regierungsformen ersetzen einander, sie tanzen in einem ewigen Tanz um die
Menschen herum, kommen in einer besseren Gestalt und gehen wieder.
\subsection{Das Menschenbild, das Recht und die Person}
Hegels großes Verdienst ist, dass er in seiner Rechtsphilosophie diese
positive Entwicklung des Begriffs des Menschen, des Menschenbildes aufgespürt
und aufgedeckt hat. Unsere Vorstellung vom Menschen ist vollkommener, die
Menschenbilder früherer Zeiten verletzten in verschiedenen Aspekten eindeutig
die Menschenwürde, waren teilweise unverständlich und \textbf{nicht befreit}.
Dann ist es von Hegel aufgezeigt worden, wie ein Menschenbild im Recht
verankert wird und wie sie einander offenbaren. Allerdings hat Hegel daraus
Schlüsse gezogen, die nicht mehr nachweisbar sind. So unterschied er zwischen
der Sittlichkeit und der Moralität\footcite[Vgl.][215 f]{thought},
wobei sein Plan zu beweisen, dass der Staat an sich sittlich sei, fehlgeschlagen
ist. Er konnte nicht seinen Weg bis zum Ende gehen, seinen Überzeugungen bis zum
Letzten folgen und behauptete von Staaten, die seiner Vorstellung nach doch
unsittlich waren, dass sie unvernünftig seien, wobei das Maß dieser Vernünftigkeit
Hegels eigener Willkür entsprang und keine objektive Einheit darstellt. Man kann die
Sittlichkeit von der Moralität nicht eindeutig trennen. Zum Anderen kann man
weder vom Recht auf die Sittlichkeit bzw.\ Moralität schließen, noch von der
politischen Freiheit auf die praktische, der menschlichen Würde entsprechende
Freiheit. Insofern wird ein menschliches Staatsideal immer mehr im modernen
Staat verkörpert, aber es hat sehr bestreitbaren Einfluss auf die einzelne
Persönlichkeiten, Bürger dieses Staates.