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date: 2011-09-01 23:20:00
tags: Aufsatz
title: „Der Zauberlehrling“ von Johann Wolfgang von Goethe. Teil 3. Analyse der Ballade
teaser:
<p>
Es geht in der Ballade „Der Zauberlehrling“ von Johann Wolfgang von Goethe, die
im Jahr 1797 erschienen ist, um einen Hexenmeister, der einmal irgendwohin
weggegangen ist und seinen Lehrling allein ließ. Der Zauberlehrling wollte seine
Macht und seinen Zauber ausprobieren und Geister im Haus steuern. Von
seinem Meister konnte er die Wörter, mit denen er diese Geister rufen könnte.
Mit Geistesstärke hat der Zauberlehrling einen Besen lebendig gemacht. Um ein
Wunder zu tun, wurde dem Besen befohlen, auf zwei Beinen zu stehen, die
schlechten Lumpenhüllen zu nehmen und ein Becken voll mit Wasser zu füllen. Der
Besen musste als Knecht dienen, zu einer Fluss laufen und Wasser bringen.
</p>
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\subsection{Textzusammenfassung}
Es geht in der Ballade „Der Zauberlehrling“ von Johann Wolfgang von Goethe, die
im Jahr 1797 erschienen ist, um einen Hexenmeister, der einmal irgendwohin
weggegangen ist und seinen Lehrling allein ließ. Der Zauberlehrling wollte seine
Macht und seinen Zauber ausprobieren und Geister im Haus steuern. Von
seinem Meister konnte er die Wörter, mit denen er diese Geister rufen könnte.
Mit Geistesstärke hat der Zauberlehrling einen Besen lebendig gemacht. Um ein
Wunder zu tun, wurde dem Besen befohlen, auf zwei Beinen zu stehen, die
schlechten Lumpenhüllen zu nehmen und ein Becken voll mit Wasser zu füllen. Der
Besen musste als Knecht dienen, zu einer Fluss laufen und Wasser bringen.
Der Besen führte seine Aufgabe so behände aus, dass das seinen „Wirt“ wunderte.
Als das Ziel erreicht wurde, sagte der Zauberlehrling seinem Knecht, dass alles,
was nötig gewesen war, jetzt gemacht ist. Und er merkte gleich, dass er die
Wörter vergessen hat, mit denen er den Besen zum vorherigen Zustand hätte machen
können, und der Besen setzte fort, das Wasser zu tragen, bis das Wasser auf den
Zauberlehrling aufstürzte und das Haus angefangen hat, zu ersaufen.
Das Haus wurde immer mehr mit Wasser gefüllt. Der Zauberlehrling war wütend und
schrie dem Besen davor, aber es war umsonst, weil der Besen nicht hören wollte.
Der Zauberlehrling hat gesagt, dass er den Besen fassen und halten will. Dann
hat der Zauberlehrling ein scharfes Beil genommen, sich auf den Besen geworfen
und ihn damit gespaltet. Sein Feind war entzwei, und der Lehrling hörte auf
sich Sorgen um ihn zu machen.
Plötzlich sind die beiden Teile doch aufgestanden und trugen schon das Wasser zu
zweit und selbstverständlich noch schneller. Der Zauberlehrling wusste überhaupt
nicht, was er in dieser Situation machen könnte und fing an, den Meister zu
rufen. Endlich kam der erwartete Meister, den der Zauberlehrling bat zu helfen.
Der Meister hat den Besen rasch in die Ecke geschickt und gesagt, dass der
Meister für das Spiel mit Geistern zunächst gerufen werden soll.
\subsection{Formaler Aufbau}
Die Ballade besteht aus 14 Strophen. Jede zweite hat ein anderes Reimschema als
die anderen und ist einem Refrein ähnlich. Das sieht folgendermaßen aus:
\begin{tabular}{l r}
Hat der alte Hexenmeister & a\\
Sich doch einmal wegbegeben! & b\\
Und nun sollen seine Geister & a\\
Auch nach meinem Willen leben. & b\\
Seine Wort und Werke & c\\
Merkt ich, und den Brauch, & d\\
Und mit Geistesstärke & c\\
Tu ich Wunder auch. & d\\
\ & \\
Walle! walle & e\\
Manche Strecke, & f\\
Daß, zum Zwecke, & f\\
Wasser fließe, & g\\
Und mit reichem vollem Schwalle & e\\
Zu dem Bade sich ergieße. & g
\end{tabular}
Ungerade Strophen bestehen aus 8 Versen, die mit Kreuzreim verbunden sind.
Gerade Strophen haben nur 6 Verse mit Reim e-f-f-g-e-g. Das Versmaß ist
Trochäus.
Die Sätze sind meistens kurz und sind oft koordinierend verbunden, was für Leser
leicht zu verstehen ist, trotzdem sind viele Wörter vorhanden, die heute
schwierig zu kapieren sind.
\subsubsection{Stilmittel}
Personifikation in dieser Ballade ist der lebendige Besen, der zwar nicht
richtig denken kann, aber kann sich bewegen, Befehle ausführen. Ich würde sagen,
dass das Holz die Rolle von Menschen spielt, weil nachdem sie gespaltet worden
waren, konnten die beiden Teilen handeln. Zum Besen werden viele menschliche
Eigenschaften verwendet: böse, verrucht; er kann Knecht sein, steht auf zwei
Beinen und hat einen Kopf oben. Das Wasser kann auch als Personifikation
verstanden sein.
Es gibt eine Antithese in der zwölften Strophe: Knechte — Mächte.
Die Parabel sind hundert Flüsse, die auf den Zauberlehrling aufstürzen.
Ein Zauberlehrling, ein Hexenmeister und die Geister, von denen eine Sache
lebendig werden kann, können im realen Leben kaum existieren, also sind sie
Metaphern.
Behende würde man mit „ä“ schreiben (behände). Das ist ein Archaismus.
\subsection{Analysieren des Inhalts der Ballade}
\subsubsection{Der Titel und das Thema der Ballade}
Der Titel der Ballade bezieht sich auf die Hauptperson, den Zauberlehrling.
Das Thema: mit dem Werk wollte der Autor zeigen, wie wichtig die Rolle von
Lehrer bzw.\ guter Regierung im Leben ist.
\subsubsection{Gliederung}
Die Ballade wird mit einem Vorwort angefangen, in dem der Leser in die
beschriebene Situation eingeführt (Weggang des Meisters) und mit handelnden
Personen (mit dem Zauberlehrling und den Geistern) bekanntgemacht wird. Das
sind die ersten vier Verse.
Dann entwickelt sich die Geschichte, bis der Zauberlehrling gemerkt hat, das er
ein wichtiges Wort vergessen hat.
Danach stellt sich das Problem. Das Geschehene wird total geändert und wendet
sich gegen den Zauberlehrling.
Als nächstes kommt die Kulmination. Die Hauptfigur sucht einen Ausgang und
greift das Beil. Der alte Besen ist gespalten und der Zauberlehrling denkt,
dass er den Sieg errungen hat. Die Spannung fällt ab. Aber kurz nachher hat der
Lehrling schon „zwei Probleme“ statt einem. Man beobachtet kurz neue Entwicklung
des Erzählten. Die Spannung nimmt wieder zu.
Die vier letzten Verse der vorletzten Strophe sind schon die Lösung, denn
endlich kommt der Meister.
Die letzte Strophe kann man zum Nachwort zählen, da der alte Hexenmeister sagt,
was man machen sollen hätte.
\subsubsection{Typisierung der handelnden Personen}
<i>Den Hexenmeister</i> begegnet man nur am Anfang und am Ende. Am Anfang
erwähnt der Autor ihn nur. Am Ende zieht er die Schlussfolgerung. Der Meister
scheint nicht böse zu sein, er fühlt sich sicher, ist ruhig und hat
ausgezeichnete Kenntnisse, kennt seine Arbeit sehr gut.
Der Zauberlehrling ist, wie bereits erwähnt, die Hauptperson. Er benimmt sich
wie ein Jugendlicher oder ein Kind. Er ist ungehorsam und verwegen, will mit dem
Feuer spielen, ohne bevor nachzudenken. Der Lehrling wollte, dass alle (z.B. der
Besen) ihn hören und selber macht schlimme Sachen ohne Erlaubnis. Er kriegt sehr
schnell Ärger, wird wütend und kann sich nicht kontrollieren (greift das Beil).
Nur wenn es keine andere Wahl gibt, trifft der Zauberlehrling vernünftige
Entscheidung — ruft seinen erfahrenen Meister.
<i>Der Besen</i> macht alles unbewusst. Er ist von den Geistern des Meisters
gesteuert. <i>Den Geistern</i> ist egal, wen zu hören. Sie sind brav, sogar wenn
dass unnötig und schädlich ist, haben keinen Willen und können ohne guten Chef
alles vor sich zerstören.
\subsection{Interpretation}
Die Ballade wurde das erste Mal im von Friedrich Schiller herausgegebenen
„Musen-Almanach“ für das Jahr 1798 erschienen. Die Geschichte, die in der
Goethes „Der Zauberlehrling“ erzählt wurde, ist nicht neu. Vermutlich wurde
ein Teil aus „Der Lügenfreund oder der Ungläubige“ vom griechischen Dichter
Lukian von Samosata genommen, ergänzt bzw.\ verändert und umgeschrieben.
Die Stelle, die als ein Muster dienen könnte, lautet folgendermaßen:
\begin{quote}
Endlich fand ich doch einmal Gelegenheit, mich in einem dunkeln Winkel
verborgen zu halten und die Zauberformel, die er dazu gebrauchte,
aufzuschnappen, indem sie nur aus drei Silben bestand. Er ging darauf, ohne mich
gewahr zu werden, auf den Marktplatz, nachdem er dem Stößel befohlen hatte, was
zu tun sei. Den folgenden Tag, da er geschäftehalber ausgegangen war, nehm' ich
den Stößel, kleide ihn an, spreche die besagten drei Silben und befehle ihm,
Wasser zu holen. Sogleich bringt er mir einen großen Krug voll. Gut, sprach ich,
ich brauche kein Wasser mehr, werde wieder zum Stößel! Aber er kehrte sich nicht
an meine Reden, sondern fuhr fort, Wasser zu tragen, und trug so lange, daß
endlich das ganze Haus damit angefüllt war. Mir fing an, bange zu werden,
Pankrates, wenn er zurückkäme, möcht' es übelnehmen — wie es dann auch
geschah -, und weil ich mir nicht anders zu helfen wußte, nahm ich eine Axt un
hieb den Stößel mitten entzwei. Aber da hatte ich es übel getroffen; denn nun
packte jede Hälfte einen Krug an und holte Wasser, so daß ich für einen
wasserträger nun ehrer zwei hatte. Inmittelst kommt mein Pankrates zurück, und
wie er sieht, was passiert war, gibt er ihnen ihre vorige Gestalt wieder; er
selbst aber machte sich heimlich aus dem Staube, und ich habe ihn nie wieder
gesehen.\footcite{moritz:balladen}
\end{quote}
Im Jahr 1940 Walt Disney machte aus der Goethes Ballade einen Zeichentrickfilm
mit Micky Maus.
Wer Erzähler ist, ist ein bisschen unklar. Er scheint der Zauberlehrling selber
zu sein. Aber er muss dann allein mit Geistern und dem Besen zu Hause sein,
trotzdem wendet er sich in der fünften Strophe an jemanden noch: „<i>Seht</i>,
er läuft zum Ufer nieder…“ (Herv. — Eugen Wissner). In der nächsten Strophe
sagt der Zauberlehrling: „Stehe! Stehe! Denn <i>wir</i> haben deiner Gaben
vollgemessen!…“ (Herv. — Eugen Wissner). Die erste Stelle kann man verstehen
als Anrede an Leser; die zweite ist Ruf nicht nur vom Autor, sondern von anderen
Menschen auch. Die letzte Strophe in der Ballade spricht der Hexenmeister aus
und sie sind von Goethe in Anführungszeichen gesetzt. Fast alles ist in Präsens
geschrieben, folglich ist das Gegenwart.
Die Ballade hat die ewige Bedeutung für Menschheit, da sie Probleme beschreibt,
die mit menschlicher Psychologie zu tun haben und deshalb waren immer
vorhanden, sind zur Zeit vorhanden und werden noch vorhanden sein. Das Werk ist
mit Ereignissen der Zeit verbunden, in der Goethe gelebt hat, aber die Geschichte
wiederholt sich wegen der schon erwähnten menschlichen Psychologie.
Der Meister ist als „der alte Hexenmeister“ bezeichnet. Das Wort „alt“ bezieht
sich nicht auf sein Alter, sondern auf seine Erfahrung. Das ist also ein guter
Lehrer, der vielleicht schon alles im Leben gesehen hat. Sein Lehrling ist
kindisch.\footnote{Vgl.: Typisierung der handelnden Personen.} Er will prahlen und seine
Kenntnisse zeigen, die er vielleicht noch nicht hat, obwohl der berühmteste Satz
von einem der weisesten Männer antikes Griechenlands, Sokrates, lehrt darüber,
was man an sein Wissen immer denken sollte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“.
Der Lehrling hat nicht vor, seinen Meister um Rat zu fragen sondern ruft die
Geister, die er wahrscheinlich überhaupt nicht kennt, ruft irgendwelche fremde
Geister, die im helfen müssten, ein Wunder zu machen. Das ist vergleichbar mit
Ereignissen in der Geschichte von Israel, denen man zahlreich in der Heiligen
Schrift begegnen kann. Als Mose weggegangen ist, um das Gottesgesetz (zehn
Gebote) von dem Berge zu holen, bat das Volk Aaron einen anderen Gott für sie
zu machen. Aaron sammelte die goldenen Ohrringe „und bildete das Gold in einer
Form und machte ein gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott,
Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ (2. Mose 32).
Als Mose zurückkam, zerbrach er Tafeln unten am Berg. Zorn wurde über die
Israeliten entbrannt und der Zauberlehrling wird auch bestraft.
Die Situation scheint zunächst lustig zu sein. Der Lehrling ist zufrieden, kann
sich gönnen zu faulenzen, da der Besen alle Arbeiten ausführt und Spaß für
seinen Wirt machen kann. Aber ein paar Verse später gehorcht der Besen nicht
mehr und macht seine Arbeit, die am Anfang so nützlich schien, weiter. Der
Lehrling versucht erstmal den Besen und die Geister mit Wörtern zur Ruhe zu
bringen. Wenn das nicht gelingt, greift er zu den Waffen. Dem wird bange. Aber
mit allen seinen Handlungen macht der Lehrling nur schlimmer. Mit der Waffe
kann ein Problem nicht gelöst werden. Und endlich, wenn fast alles mit dem
Wasser voll ist, und es gibt keine andere Chance sich zu retten, versteht der
Lehrling, dass er zu schwach ist, und ruft den Meister. Der alte Hexenmeister
hört ihn im Unterschied zu den Geistern.
Es passiert, dass Lehrlinge um ihre Lehrer klagen, weil sie nicht alles
verstehen können und schließlich gegen sie gehen. Das Gleiche kann in einer
Familie betrachtet werden, wenn man die Eltern für die Lehrer und die Kinder für
die Lehrlinge hält. Zwischen Kindern und Eltern ist eines der häufigsten
Probleme, das sowohl in der russischen als auch in der deutschen Literatur
behandelt wird. Einem fremden Menschen ist oft leichter zuzuhören, als den
Menschen, die in der Nähe von uns sind und die uns sogar lieben, wenn wir das
nicht verstehen.
Die Ebene, auf der die Ballade betrachtet werden kann, kann immer breiter
werden. Das kann ganz persönlich sein, eine Familie. Das kann eine Gesellschaft
sein, wie z.B. Schule, Universität o.Ä. Das kann aber auch geschichtlich auf das
ganze Volk bezogen sein und dann auf die ganze Welt, z.B. französische
Revolution. Damals versuchten ganz viele Menschen zunächst in einem Land, dann
in ganz Europa, auf ihre alten Ideale, alten Traditionen verzichten und nur sich
selbst und ihrer Vernunft zu vertrauen. Egozentrismus ist die Idee der
Aufklärung. Da bringt aber noch lange Zeit nichts, weil nichts in Herzen
verändert ist. Der König und viele Adlige wurden getötet und andere Räuber haben
Macht bekommen aber viele verhungern immer noch. Man muss nach Besserem streben,
aber sehr vorsichtig und ohne Eile, sonst können noch weitere Probleme
entstehen. Das ist die Idee der Ballade.
% Erstelldatum: 19.02.2010