KI. Eine Begriffsklärung in TeX
This commit is contained in:
31
src/Main.hs
31
src/Main.hs
@@ -152,14 +152,12 @@ postCtx tags
|
||||
<> flevumContext tags
|
||||
where
|
||||
dateField' :: Item String -> Compiler String
|
||||
dateField' i = do
|
||||
time <- getItemUTC defaultTimeLocale $ itemIdentifier i
|
||||
pure $ formatDate time
|
||||
dateField' = fmap formatDate
|
||||
. getItemUTC defaultTimeLocale
|
||||
. itemIdentifier
|
||||
|
||||
flevumContext :: Tags -> Context String
|
||||
flevumContext tags
|
||||
= tagsCloud tags
|
||||
<> defaultContext
|
||||
flevumContext = (<> defaultContext) . tagsCloud
|
||||
|
||||
tagsCloud :: Tags -> Context String
|
||||
tagsCloud tags
|
||||
@@ -182,13 +180,12 @@ tagsCloud tags
|
||||
pure $ Item tagId $ if isActiveClass then "active" else ""
|
||||
|
||||
withoutRootRoute :: Routes
|
||||
withoutRootRoute = customRoute generateRoute
|
||||
where
|
||||
generateRoute = joinPath
|
||||
. drop 1 -- posts/
|
||||
. splitDirectories
|
||||
. flip replaceExtension "html"
|
||||
. toFilePath
|
||||
withoutRootRoute = customRoute
|
||||
$ joinPath
|
||||
. drop 1 -- posts/
|
||||
. splitDirectories
|
||||
. flip replaceExtension "html"
|
||||
. toFilePath
|
||||
|
||||
cleanIndexUrls :: Item String -> Compiler (Item String)
|
||||
cleanIndexUrls = return . fmap (withUrls cleanIndex)
|
||||
@@ -260,14 +257,6 @@ rules = do
|
||||
tagsRules tags $ createTagPage tags
|
||||
|
||||
-- Blog posts.
|
||||
match "posts/**.html" $ do
|
||||
route withoutRootRoute
|
||||
compile $ getResourceBody
|
||||
>>= saveSnapshot "content"
|
||||
>>= loadAndApplyTemplate "templates/post.html" (postCtx tags)
|
||||
>>= loadAndApplyTemplate "templates/default.html" (postCtx tags)
|
||||
>>= cleanIndexUrls
|
||||
|
||||
match "posts/**.tex" $ do
|
||||
route withoutRootRoute
|
||||
compile $ bibtexCompiler
|
||||
|
@@ -1,22 +0,0 @@
|
||||
<script type="text/x-mathjax-config">
|
||||
MathJax.Hub.Config({
|
||||
config: ["MMLorHTML.js"],
|
||||
jax: ["input/MathML","output/HTML-CSS","output/NativeMML", "output/PreviewHTML"],
|
||||
extensions: [
|
||||
"mml2jax.js",
|
||||
"MathMenu.js",
|
||||
"MathZoom.js",
|
||||
"fast-preview.js",
|
||||
"AssistiveMML.js",
|
||||
"a11y/accessibility-menu.js"
|
||||
],
|
||||
MathML: {
|
||||
extensions: ["content-mathml.js"]
|
||||
},
|
||||
"HTML-CSS": {
|
||||
availableFonts: ["TeX"],
|
||||
imageFont: null
|
||||
}
|
||||
});
|
||||
</script>
|
||||
<script src="https://www.flevum.de/assets/js/MathJax/MathJax.js"></script>
|
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image1.png
Normal file
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image1.png
Normal file
Binary file not shown.
After Width: | Height: | Size: 18 KiB |
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image2.png
Normal file
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image2.png
Normal file
Binary file not shown.
After Width: | Height: | Size: 22 KiB |
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image3.png
Normal file
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image3.png
Normal file
Binary file not shown.
After Width: | Height: | Size: 25 KiB |
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image4.png
Normal file
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image4.png
Normal file
Binary file not shown.
After Width: | Height: | Size: 27 KiB |
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image5.png
Normal file
BIN
themes/assets/images/ki-begriffsklaerung/image5.png
Normal file
Binary file not shown.
After Width: | Height: | Size: 28 KiB |
@@ -1,640 +0,0 @@
|
||||
---
|
||||
layout: post
|
||||
date: 2017-12-25 00:00:00
|
||||
tags: Aufsatz
|
||||
title: Künstliche Intelligenz. Eine Begriffsklärung
|
||||
teaser:
|
||||
<p>Es ist relativ neu, dass man angefangen hat, technischen Artefakten menschliche Eigenschaften zuzuschreiben.
|
||||
So spricht man heute von „intelligenten“ Maschinen. Es gibt intelligente Menschen, die gebildet,
|
||||
begabt sind. Die Maschinen, Computer werden programmiert, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen, sie arbeiten
|
||||
nach einem vordefinierten Algorithmus. Bestenfalls kann so ein Algorithmus aktualisiert werden.
|
||||
Wäre es jedoch vielleicht möglich, ein Programm zu schreiben, das das menschliche Lernvermögen nachbildet
|
||||
und lernen kann? Es ist tatsächlich möglich und in diesem Fall spricht man von der <em>künstlichen Intelligenz</em>
|
||||
(<em>Artificial Intelligence</em>) und dem <em>maschinellen Lernen</em> (<em>Machine Learning</em>), von der
|
||||
Fähigkeit einer Maschine, selbst zu lernen, also den Algorithmus, nach dem sie arbeitet, weiter zu entwickeln
|
||||
und zu verändern. Das, was eine Maschine auf diese Weise gelernt hat, ist oft so komplex, dass man nicht mehr
|
||||
sagen kann, wie genau sie das gelernt hat und wie sie zu Ergebnissen kommt, die sie liefert. Ob es ausreichend
|
||||
ist, von der Intelligenz zu sprechen, im selben Sinne, wie man von der menschlichen Intelligenz spricht, ist
|
||||
eine schwierige Frage. Selbst die menschliche Intelligenz ist kein eindeutig definierter, ein vager Begriff,
|
||||
der viele subjektive Merkmale in sich trägt.</p>
|
||||
---
|
||||
<section>
|
||||
|
||||
<h3>Einleitung</h3>
|
||||
|
||||
<p>Die Technik gibt es seit sehr langem. Der Mensch war schon immer abhängig von seiner Technik und
|
||||
verdankte ihr seinen kulturellen Aufstieg. Sie erleichterte das Überleben in der Natur, ermöglichte
|
||||
den Bau der Städte und die Entwicklung der Zivilisationen, half bei der Kriegsführung und der Erforschung
|
||||
und dem Bewohnen neuer Territorien. Mit der Zeit wurde die Technik immer komplexer: Angefangen mit einfachen
|
||||
Werkzeugen hat man gelernt, komplexere Maschinen zu bauen. Dies hatte wiederum eine enorme Wirkung auf die
|
||||
Kultur. Viele schwere Arbeiten konnten auf die Maschinen verlagert werden; die Bildung hat einen neuen
|
||||
Aufschwung bekommen; Wissenschaften hatten neue Mittel, um Experimente durchzuführen und immer weiter
|
||||
fortzusrchreiten. Schon sehr lange ist der Mensch von seiner Technik umgeben; Es ist nicht erst gestern
|
||||
passiert, dass er sich von ihr abhängig gemacht hat und seine Geschichte mit der der
|
||||
Technik verbunden hat. Was sich aber im Laufe der Zeit gewandelt hat, ist die Art der angesetzten Technik.</p>
|
||||
|
||||
<p>Es ist relativ neu, dass man angefangen hat, technischen Artefakten menschliche Eigenschaften zuzuschreiben.
|
||||
So spricht man heute von „intelligenten“ Maschinen. Es gibt intelligente Menschen, die gebildet,
|
||||
begabt sind. Die Maschinen, Computer werden programmiert, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen, sie arbeiten
|
||||
nach einem vordefinierten Algorithmus. Bestenfalls kann so ein Algorithmus aktualisiert werden.
|
||||
Wäre es jedoch vielleicht möglich, ein Programm zu schreiben, das das menschliche Lernvermögen nachbildet
|
||||
und lernen kann? Es ist tatsächlich möglich und in diesem Fall spricht man von der <em>künstlichen Intelligenz</em>
|
||||
(<em>Artificial Intelligence</em>) und dem <em>maschinellen Lernen</em> (<em>Machine Learning</em>), von der
|
||||
Fähigkeit einer Maschine, selbst zu lernen, also den Algorithmus, nach dem sie arbeitet, weiter zu entwickeln
|
||||
und zu verändern. Das, was eine Maschine auf diese Weise gelernt hat, ist oft so komplex, dass man nicht mehr
|
||||
sagen kann, wie genau sie das gelernt hat und wie sie zu Ergebnissen kommt, die sie liefert. Ob es ausreichend
|
||||
ist, von der Intelligenz zu sprechen, im selben Sinne, wie man von der menschlichen Intelligenz spricht, ist
|
||||
eine schwierige Frage. Selbst die menschliche Intelligenz ist kein eindeutig definierter, ein vager Begriff,
|
||||
der viele subjektive Merkmale in sich trägt.</p>
|
||||
|
||||
<p>Dass wir die Programme entwickeln können, die sich selbst „weiterschreiben“, weiterentwickeln
|
||||
können, birgt viele Möglichkeiten und viele Gefahren in sich. Einerseits können die Maschinen dem Menschen
|
||||
nicht nur schwere körperliche Arbeit abnehmen, sondern auch einige geistige Tätigkeiten. Zum Beispiel das
|
||||
Übersetzen von Texten in andere Sprachen kann teilweise von Computern übernommen werden, die ihre
|
||||
„Sprachkenntnisse“ selbst immer mehr verbessern können. Andererseits, wenn man nicht mehr
|
||||
versteht, wie genau die von ihm konstruierte Maschine handelt, fühlt man sich bedroht. Es werden auch Stimmen
|
||||
laut, dass die nächste Stufe der Evolution nicht eine biologische, sondern eine technische Evolution sei und,
|
||||
dass der Mensch sehr bald vom Werk seiner Hände überholt
|
||||
werde.<sup id="cite_ref-1" class="reference"><a href="#cite_note-1">1</a></sup></p>
|
||||
|
||||
<p>Das Ziel dieser Arbeit ist, auf die künstliche Intelligenz nicht nur aus technischer,
|
||||
sondern auch philosophischer Sicht zu schauen. Wenn wir von der künstlichen Intelligenz sprechen,
|
||||
verwenden wir viele Begriffe wie Lernen, Lernerfolg, Intelligenz, deren Bedeutung aber nicht immer
|
||||
klar ist. Und ich finde, dass das, wie wir über die Maschinen sprechen,
|
||||
viel darüber sagt, wie sich unser eigenes Menschenbild im technischen Zeitalter verändert oder verändert hat.</p>
|
||||
|
||||
|
||||
<h3>Maschinelles Lernen</h3>
|
||||
|
||||
<p>Maschinelles Lernen ist ein Zweig der künstlichen Intelligenz, in dem es darum geht, einem künstlichen
|
||||
System das Gewinnen von Wissen zu ermöglichen. Ein auf diese Weise lernendes System kann eine gestellte
|
||||
Aufgabe nicht nach einem vordefinierten Algorithmus lösen, sondern ist fähig, selbst zu lernen, wie die
|
||||
Aufgabe zu lösen ist.</p>
|
||||
|
||||
<p>Maschinelles Lernen ist sehr vielfältig und hat verschiedene Anwendungen. Es kann grob in zwei große Kategorien
|
||||
unterteilt werden: überwachtes und unüberwachtes Lernen.</p>
|
||||
|
||||
<h4>Überwachtes Lernen (Supervised Learning)</h4>
|
||||
|
||||
<p>Beim überwachten Lernen stehen dem Lernenden eine Menge von Eingaben und den dazugehörigen Ausgaben zur Verfügung.
|
||||
Das heißt es gibt eine Reihe von Ausgangsituationen und eine Reihe möglicher Antworten beziehungsweise Reaktionen
|
||||
auf jene Situationen, wobei zwischen den ersteren und den letzteren eine Abhängigkeit vorhanden ist.
|
||||
Das Ziel des Algorithmus ist jetzt diese Abhängigkeit zu entdecken, sie zu „erlernen“.</p>
|
||||
|
||||
<blockquote>
|
||||
<p><i>Supervised learning</i> algorithms assume that some variable X is
|
||||
designated as the target for prediction, explanation, or inference, and that
|
||||
the values of X in the dataset constitute the "ground truth" values for
|
||||
learning.<sup id="cite_ref-2" class="reference"><a href="#cite_note-2">2</a></sup></p>
|
||||
</blockquote>
|
||||
|
||||
<p>Zum überwachten Lernen gehört auch das sogenannte <strong>bestärkende Lernen (Reinforcement Learning)</strong>.
|
||||
Das ist das Lernen durch „Versuch und Irrtum“. Dem lernenden System steht hier keine Menge
|
||||
möglicher Ausgaben, sodass der Algorithmus aus vorhandenen Daten lernen könnte, dafür kann es mit seiner
|
||||
Umgebung interagieren und von dieser „belohnt“ oder „bestraft“ werden. Also der
|
||||
Algorithmus wird aus der Umgebung bewertet und anhand dieser Bewertung kann er lernen, wie er anhand
|
||||
einer Eingabe zu der richtigen Ausgabe gelangt.</p>
|
||||
|
||||
<p>„The learning algorithms used on reinforcement learning adjusts
|
||||
the internal neural parameters relying on any qualitative or quantitative information
|
||||
acquired through the interaction with the system (environment) being mapped,
|
||||
[…]“<sup id="cite_ref-3" class="reference"><a href="#cite_note-3">3</a></sup></p>
|
||||
|
||||
<p>Maschinelles und bestärkendes Lernen wird schon seit längerer Zeit bei Spam-Erkennung verwendet. Als Spam
|
||||
werden unerwünschte E-Mails, zum Beispiel Werbung, die man nicht bestellt hat, genannt. Es gibt auch einen
|
||||
Gegenbegriff zum Spam: Ham, also normale E-Mails, die man in seinem E-Mail-Postfach erwartet.</p>
|
||||
|
||||
<p>Wie ein Programm lernt, Spam von Ham zu unterscheiden, kann man damit vergleichen, wie es ein Mensch lernt.
|
||||
Sie bekommen unerwünschte Werbung per Post. Es ist ein Briefumschlag mit einer unpersönlichen Anrede und ein
|
||||
kleines Heft. Sie blättern es durch und sehen, dass sie daran nicht interessiert sind und schmeißen es weg.
|
||||
Wenn Sie ein ähnliches Heft nächstes Mal bekommen, blättern Sie vielleicht nochmal durch, um sicher zu sein,
|
||||
dass es nichts Wichtiges bzw. etwas, was Sie abonniert haben, ist. Wenn Sie einige Wochen später nochmal so ein
|
||||
Heft bekommen, reicht nur ein Blick. Vielleicht haben Sie den Namen desselben Unternehmens oder bekannte
|
||||
Produktabbildungen oder einen ähnlichen Werbetext gesehen — Sie schmeißen es, ohne genauer zu schauen, weg.
|
||||
Sie haben gelernt, dass derartige Hefte mit Werbung keine für Sie hilfreiche Information enthalten.</p>
|
||||
|
||||
<p>In vielen Mail-Programmen gibt es inzwischen die Funktion „Als Spam markieren“. Wenn eine E-Mail
|
||||
als Spam markiert wird, analysiert der Spam-Filter den Inhalt der E-Mail und merkt, wie viele Male jedes Wort
|
||||
in der Nachricht vorkommt. Dieselbe Analyse macht der Filter für die anderen Nachrichten, die nicht als Spam
|
||||
markiert wurden. Langsam sammelt sich eine Datenbank mit der Anzahl der Vorkommnisse verschiedener Wörter in
|
||||
Spam- und Ham-Nachrichten. Anhand dieser Daten kann dann der Filter erkennen, dass bestimmte Wörter nur in
|
||||
Spam-Mails vorkommen, aber nicht in Ham, und kann ohne die Einmischung des Menschen entscheiden, ob eine E-Mail
|
||||
unerwünscht ist oder nicht. So ein Verfahren ist natürlich nicht fehlerfrei. Es kommt sowohl dazu, dass Spam durch
|
||||
so einen Filter unerkannt durchdringen kann, als auch dazu, dass Ham im Spam-Ordner landet. Auf diversen Webseiten
|
||||
kann man lesen: „Wenn Sie keine E-Mail innerhalb von <i>X</i> Stunden erhalten haben, überprüfen Sie Ihren
|
||||
Spam-Ordner“. Wenn Ham als Spam eingestuft wird, spricht man vom <i>False-Positive</i>. Es gibt meistens
|
||||
wiederum die Funktion, um die Spam-Markierung von der E-Mail zu entfernen. Dadurch kann der Filter neu lernen
|
||||
und seine Datenbank aktualisieren beziehungsweise anpassen.</p>
|
||||
|
||||
<p>Wir haben gesehen, dass eine der Möglichkeiten, Spam zu erkennen, darauf basiert, den Spam-Filter mit der
|
||||
Umgebung, also mit dem Benutzer, kommunizieren zu lassen. Der Benutzer hat eine Möglichkeit dem Filter mitzuteilen,
|
||||
ob eine E-Mail Spam oder Ham ist, woraus der Filter lernen kann. Je länger so ein Filter eingesetzt wird und je
|
||||
mehr er auf diese Weise trainiert wird, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit des False-Positives.</p>
|
||||
|
||||
<h4>Unüberwachtes Lernen (Unsupervised Learning)</h4>
|
||||
|
||||
<blockquote>
|
||||
<p><i>Unsupervised learning</i> algorithms do not single out any particular
|
||||
variables as a target or focus, and so aim to provide a general
|
||||
characterization of the full dataset.<sup id="cite_ref-4" class="reference"><a href="#cite_note-4">4</a></sup></p>
|
||||
</blockquote>
|
||||
|
||||
<p>Beim unüberwachten Lernen wird keine bestimmte Ausgabe, kein bestimmter Wert bei der Ausgabe erstrebt, wie es
|
||||
bei dem überwachten Lernen der Fall ist. Vielmehr geht es darum, eine innere Struktur in den Daten zu entdecken.</p>
|
||||
|
||||
<p>Ein Standardbeispiel für unüberwachtes Lernen ist ein soziales Netzwerk. In großen sozialen Netzwerken kann
|
||||
man sein Interesse oder Desinteresse dadurch zeigen, dass man bestimmte Beitrage positiv markiert
|
||||
beziehungsweise blockiert. Ein gutes soziales Netzwerk würde, um seinen Nutzern genüge zu tun, die einem
|
||||
bestimmten Benutzer angezeigten Beiträge zensieren, und ihm nur diejenigen zeigen, die er wahrscheinlich
|
||||
mag und nicht diejenigen, die er blockieren würde. Aber das Netzwerk weiß nicht im Voraus, dass es
|
||||
Beiträge zu verschiedenen Themen gibt: Kunst, Politik, Sport und so weiter. Schließlich können immer neue
|
||||
Themen auftauchen. Das Netzwerk lernt selbst die Beiträge und Benutzer zu klassifizieren. Das Lernen geht
|
||||
über die Erforschung der Vorlieben einer bestimmten Person hinaus. Nehmen wir an in Profilen zweier Personen
|
||||
unter „Interessen“ steht, dass sie gern Tennis spielen und beide lesen gerne Nachrichten eines
|
||||
Sportvereins, der eine eigene Seite im sozialen Netzwerk hat. Wenn eine dritte Person jetzt angibt, dass sie
|
||||
gern Tennis spielt, hat das soziale Netzwerk den Grund anzunehmen, dass dieser Person auch die Nachrichten
|
||||
des Sportvereins gefallen werden. Das heißt das Netzwerk lernt aufgrund komplexer Zusammenhänge, dass es bestimmte
|
||||
Gruppen, Themen- und Interessenbereiche gibt. Es gibt hier keine richtige Antwort, man überwacht nicht alle
|
||||
registrierten Benutzer und korrigiert das Netzwerk nicht: Nein, dieser Mensch gehört dieser Gruppe nicht. Und
|
||||
wenn ich einen Beitrag blockiere und markierte, bedeutet es nicht unbedingt, dass ich eine Bewertung abgebe, wie
|
||||
gut das Netzwerk gelernt hat. Es kann schließlich sein, dass ich heute keine Lust auf meinen Sportverein habe,
|
||||
sonst aber gerne lese, was er schreibt.</p>
|
||||
|
||||
<p>Die Unterteilung in Gruppen, Klassifizierung ist in der Wirklichkeit sehr komplex und unterzieht sich oft der
|
||||
Möglichkeit, sich auf irgendeine Weise kontrollieren oder bewerten zu lassen. Unüberwachtes Lernen kann hier
|
||||
Abhilfe schaffen.</p>
|
||||
|
||||
<h3>Lernerfolg. Turing-Test</h3>
|
||||
|
||||
<p>Im Zusammenhang mit dem maschinellen Lernen sprechen wir vom Lernerfolg. Allerdings wurde es noch nicht
|
||||
geklärt, was Erfolg in diesem Fall bedeutet.</p>
|
||||
|
||||
<p>Um einen gewöhnlichen Einwand gegen den Erfolg der künstlichen Intelligenz zu erläutern, konstruieren
|
||||
wir ein futuristisches Beispiel, das in einer oder der anderen Form zum Thema vieler Filme der letzten
|
||||
Jahre geworden ist. Sagen wir, die Menschen haben einen Supercomputer entwickelt, dessen künstliche
|
||||
Intelligenz dermaßen fortgeschritten ist, dass er selbst weitere Maschinen entwerfen und produzieren kann.
|
||||
So beginnt eine neue Ära, in der die Maschinen sich selbt ohne die Einmischung des Menschen entwickeln.
|
||||
Schlussendlich wird der Mensch zu einer überholten, schwachen Spezies, deren Existenz nicht mehr förderlich
|
||||
für den weiteren technischen Fortschritt ist, sodass der mächtige Supercomputer sich dazu entscheidet,
|
||||
die menschliche Art auszulöschen. Nun hatte der Supercomputer, der eine solche Macht erlangt hat, alles über
|
||||
die Wissenschaft und Technik gelernt, was der Mensch je hätte lernen können, und diese Kenntnisse noch
|
||||
weiter gebracht hat. Man könnte sich aber fragen, ob der Erfolg des Lernens an der Anzahl der Erkenntnisse
|
||||
gemessen werden kann. In dem aufgeführten Beispiel hat sich die Technik, die der Mensch sich zuhilfe
|
||||
schuf, hatte gegen den Menschen gewendet und so gegen das moralische Prinzip, nach dem das menschliche
|
||||
Leben einen Wert an sich hat, verstoßen.</p>
|
||||
|
||||
<p>Wenn wir also vom Erfolg sprechen, beziehen wir den Erfolg nicht nur auf die eigentliche Tätigkeit (das
|
||||
Erwerben von Erkenntnissen), sondern auch auf das Endresultat — wie die erworbenen Erkenntnisse angewandt
|
||||
werden. Bei der Bewertung ihrer Anwendung braucht man wiederum eine Ethik, die es ermöglicht, zu beurteilen,
|
||||
ob die Anwendung richtig oder falsch, gut oder böse ist. Man sieht sofort, wie schnell das Problem des Erfolgs
|
||||
sehr komplex und unübersichtlich wird. Ich werde deswegen dafür argumentieren, dass der Erfolg des
|
||||
Lernens nur in dem Sinne des unmittelbaren Erfolgs ohne die Einbeziehung der Konsequenzen verstanden werden
|
||||
muss. Desweiteren werde ich versuchen den Erfolg anhand des Turing-Tests etwas genauer zu bestimmen.</p>
|
||||
|
||||
<p>Alan Turing stand vor einem ähnlichen Problem, als er das, was wir heute Turing-Test nennen, vorgeschlagen
|
||||
hat. Das Lernen, die Suche nach Gesetzmäßigkeiten und die Anwendung des Gelernten und Erforschten sind
|
||||
wichtige Aspekte menschlicher Denktätigkeit. Wenn wir davon sprechen, dass die Computer selbstständig
|
||||
lernen, stellt sich die Frage, ob sie dann auch denken kennen? Um zu sagen, ob die Computer denken
|
||||
können, muss man dann definieren, was das Denken eigentlich ist und dann schauen, ob diese Definition
|
||||
auf die Computersysteme angewandt werden kann.</p>
|
||||
|
||||
<p>Nun ist es aber alles andere als trivial, eine Definition für das Denken zu finden. Das eigentliche Problem
|
||||
besteht aber nicht darin, dass eine solche Definition eine schwierige Aufgabe ist, sondern darin, dass
|
||||
die Angabe einer Definition des Denkens sich sowohl dem Interessenbereich der Technik als auch
|
||||
dem Interessenbereich der Wissenschaft entzieht. Wir verbinden das Denken mit den Gehirnaktivitäten. Aber
|
||||
spielt es für einen Gehirnforscher in seiner wissenschaftlichen Forschung eine Rolle, was das Denken ist?
|
||||
Er kann durchaus eine private Überzeugung haben, dass das, was wir unter dem Denken verstehen, nichts weiter
|
||||
als die Gehirnaktivität ist, oder, dass das, was wir im Gehirn beobachten, nur auf eine bestimmte Weise
|
||||
unser Denken repräsentiert. Aber ob er sich für die erste Möglichkeit, oder für die zweite, oder für eine
|
||||
dritte entscheidet, ist für seine eigentliche wissenschaftliche Forschung von wenig Bedeutung. Auch
|
||||
umgekehrt: Wenn man eines Tages weiß, dass man jede geistige Aktivität auf Gehirnaktivitäten zurückführen
|
||||
kann, bedeutet es, dass ich mich ab dann für einen vollständig von den physikalischen Gesetzen
|
||||
bestimmten Bio-Roboter halte, der keinen eigenen Willen hat?</p>
|
||||
|
||||
<p>Es ist ganz natürlich den Gegenständen menschliche Eigenschaften und Aktivitäten zuzurschreiben:
|
||||
„Der Computer <em>will</em> nicht funktionieren“. Natürlich kann es bei einem kaputten
|
||||
Rechner keine Rede vom Willen sein. Das ist bloß eine Redewendung. Aber wenn die Computer viel
|
||||
leistungsfähiger werden, passiert die Zuschreibung viel bewusster, wir fangen an, von ihrer Intelligenz,
|
||||
ihrem Denken oder dem Erfolg ihrer Aktivitäten zu sprechen. Diese Begriffe sind aber in der Sprache sehr
|
||||
oft ambivalent und werden intuitiv verwendet. Deswegen ist es auch problematisch, sie auf andere
|
||||
Gegenstände zu übertragen.</p>
|
||||
|
||||
<p>Um das höchstproblematische Reden vom Denken im Fall der Computer zu vermeiden, hat Alan Turing
|
||||
„The Imitation Game“<sup id="cite_ref-5" class="reference"><a href="#cite_note-5">5</a></sup>
|
||||
vorgeschlagen. Dieses Imitationsspiel wird von drei Personen gespielt: einem Mann (A), einer Frau (B) und
|
||||
einem Fragesteller (C), dessen Geschlecht für das Spiel irrelevant ist. Der Fragesteller kennt die beiden anderen
|
||||
Personen A und B nicht und befindet sich in einem anderen Raum. Das Ziel des Spiels für den Fragesteller besteht
|
||||
darin, richtig zu erraten, wer von A und B ein Mann und wer eine Frau ist. Dabei kann der Fragesteller
|
||||
den übrigen Spielteilnehmern Fragen stellen und Antworten auf seine Fragen bekommen. Die Teilnehmer kommunizieren
|
||||
miteinander so, dass der Befragende und die Befragten einander weder sehen noch hören können, zum Beispiel sie
|
||||
könnten einander Texte über das Internet versenden. A und B sind nicht verpflichtet, ehrliche Antworten auf die
|
||||
Fragen zu geben. Die Aufgabe von A ist, dem Befragenden zu helfen, B soll ihn im Gegenteil in die Irre
|
||||
führen.<sup id="cite_ref-6" class="reference"><a href="#cite_note-6">6</a></sup></p>
|
||||
|
||||
<blockquote>
|
||||
<p>We now ask the question, "What will happen when a machine takes the part of A in this
|
||||
game?" Will the interrogator decide wrongly as often when the game is played like this
|
||||
as he does when the game is played between a man and a woman? These questions replace our
|
||||
original, "Can machines think?"<sup id="cite_ref-7" class="reference"><a href="#cite_note-7">7</a></sup></p>
|
||||
</blockquote>
|
||||
|
||||
<p>Das heißt, die Maschine soll die Rolle eines Spielers — entweder A oder B — übernehmen. Es gibt
|
||||
keine Frau, keinen Mann und Fragesteller mehr, sondern einen Menschen, eine Maschine und den
|
||||
Fragesteller (menschlich). Wenn es für den Fragesteller genauso schwierig ist, ohne einen direkten
|
||||
Kontakt eine Maschine von einem Menschen zu unterscheiden, wie eine Frau von einem Mann, dann hat
|
||||
die Maschine den Turing-Test bestanden.</p>
|
||||
|
||||
<p>Im Grunde, um den Erfolg des Lernens eines Computersystems zu bewerten, wird hier eine funktionale
|
||||
Beschreibung verwendet. Anstatt nach der Washeit der Dinge zu fragen: Was ist Denken? Was ist Erfolg?
|
||||
Können diese Begriffe auf ein Computersystem angewandt werden?, fragt man, ob und wie gut das System
|
||||
eine bestimmte Funktion ausführen, einen Test bestehen kann. Der Turing-Test scheint mir auch die beste
|
||||
Methode zu sein, um den Erfolg des Lernes eines Computersystems zu bewerten. Vor allem, weil so ein
|
||||
funktionaler Test einen Aufschluss darüber gibt, welche Stufe in der Entwicklung der künstlichen
|
||||
Intelligenz man bereits erreicht hat, und was noch verbessert werden muss, um den Lernerfolg zu
|
||||
vergrößern. Er gibt auch eine Skala an, von der abgelesen werden kann, ob ein Algorithmus bessere
|
||||
Ergebnisse liefert als ein anderer. Dies ermöglicht den technischen Fortschritt und die Verbesserung
|
||||
der Algorithmen. Diese Skala gibt es aber nicht oder sie ist sehr verschwommen, wenn der Lernerfolg eine
|
||||
ethische Perspektive haben soll.</p>
|
||||
|
||||
<p>Was ich hiermit nicht sagen will, ist, dass die Ethik für die Entwicklung der
|
||||
künstlichen Intelligenz unwichtig ist. Es macht nur wenig Sinn sie in die Definition des Lernerfolgs
|
||||
eines künstlichen Systems einzubeziehen. Um so ein System weiter zu entwickeln, braucht man eine
|
||||
technische Definition des Erfolgs, die ermöglicht, die Schwächen dieses Systems aufzuzeigen, an denen
|
||||
noch gearbeitet werden soll. Eine voreilige Einbeziehung einer ethischen Bewertung würde den Fortschritt
|
||||
im Bereich der künstlichen Intelligenz unnötig verkomplizieren und verlangsamen. Eine ethische Bewertung
|
||||
der künstlichen Intelligenz als solchen und dessen, wie sie eingesetzt wird, ist im Gegenteil nützlich
|
||||
und nötig, um die Möglichkeit einer bösartigen Anwendung deren zu verringern.</p>
|
||||
|
||||
<p>Ich meine auch nicht, dass eine ethische Auseinandersetzung der technischen Entwicklung zeitlich
|
||||
folgen soll. Es kann zu spät sein, sich mit etwas auseinanderzusetzen, was schon da ist. Vielmehr sollen
|
||||
die Bereiche des Technischen und Ethischen voneinander getrennt sein. Wenn ein Informatiker oder ein
|
||||
Mathematiker an einem neuen Algorithmus für maschinelles Lernen arbeitet, ist er wahrscheinlich
|
||||
gar nicht daran interessiert, ein künstliches System zu erschaffen, das ihm ermöglicht, die Welt
|
||||
zu beherrschen, womöglich ist er nur an seinem Fach interessiert und will sehen, wie weit man die
|
||||
künstliche Intelligenz bringen kann. Natürlich soll man sich Gedanken darüber machen, was passiert,
|
||||
wenn man den neuen Algorithmus oder die neue Technologie auf den Markt bringt, das darf aber nicht
|
||||
der eigentlichen Forschung im Wege stehen.</p>
|
||||
|
||||
<h3>Dritt- und Erstperson-Perspektive</h3>
|
||||
|
||||
<p>Kommen wir auf die Frage „Können die Maschinen denken?“ zurück. Was ist an dieser
|
||||
Frage so problematisch, sodass Alan Turing sie umzugehen suchte, außer dass der Begriff
|
||||
„Denken“ schwierig zu definieren ist. Oder warum ist er schwierig zu
|
||||
definieren? Das Denken für den Menschen ist ein <em>Erlebnis</em>, das heißt ich erlebe mich
|
||||
selbst als ein denkendes Wesen. Ich gehe davon aus, dass auch die anderen Menschen sich als
|
||||
denkende Wesen erleben, obwohl ich nicht mit Sicherheit sagen kann, wie sich das Denken eines
|
||||
anderen Menschen für ihn anfühlt, was und wie er denkt. Man denke nur an die Diskussionen, ob
|
||||
Tiere Freude oder Leiden empfinden können, ob sie denken können. Es ist relativ naheliegend,
|
||||
dass andere Menschen denken können, aber es ist nicht klar, ob man das von den anderen Lebewesen
|
||||
behaupten kann. Desto unklarer ist es, wenn man von etwas spricht, was überhaupt kein
|
||||
Lebewesen ist.</p>
|
||||
|
||||
<p>Anstatt der Maschine einen Geist und eine Art Innerlichkeit zuzuschreiben, entwickelt sich aber
|
||||
die Tendenz, den Menschen mechanisch zu verstehen. Wenn Sören Kierkegaard sagt: „Der Mensch ist
|
||||
Geist“<sup id="cite_ref-8" class="reference"><a href="#cite_note-8">8</a></sup>, so heute ist der Mensch immer
|
||||
öfter sein Gehirn: „In Germany, leading neuroscientists like Wolf Singer and Gerhard
|
||||
Roth are omnipresent in TV and press. They speak of the brain as if they were talking about a
|
||||
person.“<sup id="cite_ref-9" class="reference"><a href="#cite_note-9">9</a></sup> Kierkegaards Mensch und sein
|
||||
Geist waren nicht bloß eine immaterielle Substanz, sondern vielmehr eine Synthese „aus Unendlichkeit und
|
||||
Endlichkeit, aus dem Zeitlichen und dem Ewigen, aus Freiheit und Notwendigkeit,
|
||||
[…]“<sup id="cite_ref-10" class="reference"><a href="#cite_note-10">10</a></sup> Ob die Beschreibung
|
||||
des Menschen als Gehirn genauer zutrifft, ist fraglich. Yvonne Förster in ihrem Artikel „Effects of the
|
||||
Neuro-Turn: The Neural Network as a Paradigm for Human Self-Understanding“ macht darauf
|
||||
aufmerksam, dass obwohl bei der Erforschung des Gehirns nur die Drittperson-Perspektive in die Betrachtung
|
||||
einbezogen wird, eine Verschiebung der Terminologie von der Philosophie zu den Neurowissenschaften
|
||||
stattfindet:</p>
|
||||
|
||||
<blockquote>
|
||||
<p>While phylosophy works with concepts, experience, reflection, and linguistic
|
||||
description, neuroscience, on the other hand, uses these philosophical terms within
|
||||
a third-person framework of observation, imaging techniques, and
|
||||
measurements.<sup id="cite_ref-11" class="reference"><a href="#cite_note-11">11</a></sup></p>
|
||||
</blockquote>
|
||||
|
||||
<p>Eine Reihe von Begriffen, wie der freie Wille oder das Bewusstsein, für die die Innenperspektive
|
||||
unentbehrlich ist, werden aus der Drittperson-Perspektive beurteilt und beschrieben.
|
||||
Doris Nauer spricht auch davon, dass bei der Erforschung geistiger Funktionen
|
||||
„NaturwissenschaftlerInnen zunehmend die Interpretationsgrenzen rein naturwissenschaftlicher
|
||||
Forschung überschreiten“.<sup id="cite_ref-12" class="reference"><a href="#cite_note-12">12</a></sup>
|
||||
Außerdem merkt Förster an, dass die Neurowissenschaften keinen direkten Zugang auch zum Gehirn oder den
|
||||
Neuronen selbst haben, vielmehr arbeiten sie mit Modellen:</p>
|
||||
|
||||
<blockquote>
|
||||
<p>The neural gains its visibility only via technology. The process of making the neural visible is
|
||||
not a simple representation of something otherwise hidden. Rather it is a production of images by
|
||||
means imaging techniques. What we get to see is not the inside of our skull, not copies of our
|
||||
neurons, but reconstructions modeled according to a certain set of rules of computation. The neural
|
||||
net as we know it from neuroscientific imagery is not a photograph of brain parts. It is deeply
|
||||
technological mediated.<sup id="cite_ref-13" class="reference"><a href="#cite_note-13">13</a></sup></p>
|
||||
</blockquote>
|
||||
|
||||
<p>Das Selbstverständnis des Menschen und das Verständnis der Maschine und der künstlichen Intelligenz sind
|
||||
voneinander abhängig. Wenn wir die Maschinen konstruieren, die selbst lernen und vielleicht denken können,
|
||||
und so den Menschen nachahmen, lernen wir auch etwas über die menschlichen Denkprozesse und dem
|
||||
Zusammenhang zwischen dem Bewusstsein und dem Gehirn. Andererseits um
|
||||
zu entscheiden, ob die Maschinen denken oder ein geistiges Leben haben können, ist unser Menschenbild
|
||||
wichtig, weil es von ihm abhängt, ob sich das, was wir unter dem Menschen verstehen, auf die Maschine
|
||||
übertragen lässt.</p>
|
||||
|
||||
<h3>Zum Begriff der Intelligenz</h3>
|
||||
|
||||
<p>Eine der Fragen, die sich noch stellen, ob wir im Falle der künstlichen Intelligenz überhaupt von
|
||||
der <em>Intelligenz</em> sprechen kann, wie wir von der menschlichen sprechen. Ich möchte von vornherein
|
||||
sagen, dass diese Frage nicht eindeutig zu beantworten ist. Von einem Menschen zu sagen, er sei intelligent,
|
||||
ist nicht dasselbe, wie zu sagen: „Zwei ist eine gerade Zahl“.</p>
|
||||
|
||||
<p>Erstens, je nachdem wer das Wort „intelligent“ sagt, kann man darunter unterschiedliche
|
||||
Eigenschaften meinen. Für einen mag intelligent derjenige sein, der über viele Fachkentnisse in
|
||||
einem bestimmten Bereich verfügt. Für einen anderen ist es der, der allgemein gebildet ist und nicht
|
||||
nur in bestimmten Bereichen. Für den dritten spielen die erworbenen Kenntnisse überhaupt eine geringere
|
||||
Rolle, viel wichtiger, um intelligent zu sein, sei es, schlau zu sein, schnell die Lösungen für die
|
||||
auftretenden Probleme zu finden.</p>
|
||||
|
||||
<p>Zweitens hängt die Antwort auf die Frage, ob man so eine Eigenschaft wie „Intelligenz“
|
||||
auf eine Maschine übertragen kann, sehr stark von anthropologischen Ansichten der jeweiligen Person.
|
||||
Ist der Mensch selbst wahrscheinlich nichts weiter als eine Art von der Natur erschaffener Roboter?
|
||||
In diesem Fall kann wohl auch eine vom Menschen konstruierte Maschine Intelligenz haben. Wenn der Mensch
|
||||
dagegen ein geistiges Wesen ist, das nicht vollständig durch physikalische Gesetze determeniert ist,
|
||||
dann ist es qualitativ etwas anderes als eine Maschine und man könnte argumentieren, dass deswegen bestimmte
|
||||
Eigenschaften wie Intelligenz nur dem Menschen zugeschrieben werden können.</p>
|
||||
|
||||
<p>Der Stand der Entwicklung rechtfertigt nicht immer die Anwendung des Begriffes „Intelligenz“
|
||||
im Bezug auf die Maschinen. Bereits heutige Computer sind in bestimmten Bereichen
|
||||
intelligenter als die Menschen. Zum Beispiel kann jeder der heutigen Prozessoren (oder CPU,
|
||||
<b>C</b>entral <b>P</b>rocessing <b>U</b>nit) einfache Berechnungen, wie Multiplizieren,
|
||||
Dividieren, Addieren oder Substrahieren, vielfach schneller durchführen als ein Mensch. Und diese
|
||||
Fähigkeit besitzten bereits die Computer der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als die künstliche
|
||||
Intelligenz noch nicht so verbreitet war. Schnelles Rechnen kann auch ein Merkmal der Intelligenz sein.
|
||||
Und doch spricht man von der künstlichen Intelligenz meistens in Bezug auf maschinelles Lernen. Dies zeigt,
|
||||
dass wenn man von intelligenten Maschinen spricht, meint man eine bestimmte Art von der Intelligenz, und
|
||||
zwar meint man die Maschinen, die das Können besitzen, nicht nur die einprogrammierten
|
||||
„Kenntnisse“ anzuwenden, sondern auch neue Erkenntnisse selbstständig zu gewinnen. Das heißt
|
||||
Intelligenz knüpft hier an die <em>schöpferische</em> Kraft des Menschen, an die Kraft etwas neues
|
||||
zu <em>erschöpfen</em>. Natürlich ist es nicht dasselbe wie Erschaffen eines Kunstwerkes oder eines
|
||||
Musikstückes, weil das, was erkannt wird, schon da ist, es nicht aus Nichts geschaffen wird. Und doch
|
||||
ist auch das Gewinnen der Erkenntnisse aus der Erfahrung, die vorher nicht waren, ist das Gewinnen von
|
||||
etwas <em>neuem</em>, also ein schöpferischer Vorgang. Und dieser Übergang zwischen einer die Befehle
|
||||
ausführenden und einer lernenden Maschine ist wohl die Grenze, ab der die Maschinen
|
||||
<em>intelligent</em> werden.</p>
|
||||
|
||||
<p>Wie weit die künstliche Intelligenz reicht oder reichen kann, lässt sich noch nicht sagen. Wir haben
|
||||
noch keine Roboter, die malen, Romane oder Lieder schreiben oder physikalische Gesetze entdecken.
|
||||
Es geht bei maschinellem Lernen um das Erkennen bestimmter Muster in der Eingabedaten. Falls so ein Muster
|
||||
tatsäschlich erkannt wurde, dann können anhand dessen auch neue Daten ausgewertet werden. Dem lernenden System
|
||||
geht es nicht um die Forschung oder die Suche nach der Wahrheit. Und hier ist es nicht mal wichtig,
|
||||
was Wahrheit ist, und ob es sie gibt. Wenn ein Schriftsteller schreibt, sehnt er oft aus dem tiefsten
|
||||
seines Herzens, seinen Lesern etwas mitzuteilen, seine Wahrheit zu verkünden. Auch ein Forscher kann
|
||||
von diesem Gefühl bewegt werden, selbst wenn seine Theorie sich später als falsch erweist, hat er versucht,
|
||||
etwas Wahres zu entdecken. Ein lernendes System hat überhaupt keinen Sinn für die Wahrheit. Es wurde
|
||||
programmiert, um Muster in den Daten zu erkennen und das tut es. Wenn ich weiß, wie ein System aufgebaut
|
||||
ist, kann ich es von vornherein mit manipulierten Daten füttern, sodass es etwas falsch lernt, und es
|
||||
wird sich nicht betrogen fühlen. Wobei ich zugeben muss, dass es auch einem Menschen passieren kann,
|
||||
dass er sich auf falsche, falsch ausgewählt Daten, stützt, und deswegen zu inkorrekten Ergebnissen gelangt.</p>
|
||||
|
||||
<p>Die Mustererkennung ist wichtig auch für das menschliche Überleben. Allerdings vermag der Mensch auch
|
||||
abstrakt zu denken. Es gibt zum Beispiel in der Natur keine Zahlen, es gibt nur abzählbare Gegenstände.
|
||||
Man muss sich von den einzelnen Gegenständen beziehungsweise ihrer endlichen Anzahl abstrahieren können,
|
||||
um auf die unendliche Menge von natürlichen Zahlen kommen. Diese Fähigkeit zum abstrakten Denken ist etwas,
|
||||
was den Menschen gegenüber den Maschinen immer noch auszeichnet.</p>
|
||||
|
||||
<h3>Grenzen der Anwendung von maschinellem Lernen</h3>
|
||||
|
||||
<p>Zwar ist die künstliche Intelligenz zum selbstständigen Lernen fähig, ist kein selbstständiges
|
||||
Lebewesen wie der Mensch, sondern nur ein Instrument unter vielen anderen.</p>
|
||||
|
||||
<p>Nehmen wir an, wir wollen quadratische Gleichungen in der Normalform lösen:</p>
|
||||
|
||||
<div class="equation">
|
||||
<math>
|
||||
<apply>
|
||||
<eq/>
|
||||
<apply>
|
||||
<plus/>
|
||||
<apply>
|
||||
<power/>
|
||||
<ci>x</ci>
|
||||
<cn>2</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
<apply>
|
||||
<times/>
|
||||
<cn>p</cn>
|
||||
<ci>x</ci>
|
||||
</apply>
|
||||
<cn>q</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
<cn>0</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
</math>
|
||||
</div>
|
||||
|
||||
<p>Dafür beabsichtigen wir ein Programm zu schreiben, das die 2 Parameter, <i>p</i> und <i>q</i>, als
|
||||
Eingabewerte annimmt und die Gleichung nach <i>x</i> auflöst. Man kann diese Aufgabe durchaus mithilfe der
|
||||
künstlichen Intelligenz lösen. Wir entwerfen ein System, dem wir einige Tausende solcher Gleichungen
|
||||
selbst und deren Lösungen übergeben, damit es aus diesen Daten lernen kann.
|
||||
Dann testen wir, ob das System nun selbst richtige Antworten produzieren kann. Wenn es nicht der Fall
|
||||
sein soll, bereiten wir weitere Angaben und Lösungen vor. Irgendwann haben wir unser künstliches System
|
||||
ausreichend trainiert, sodass es jetzt selbst solche Gleichungen lösen kann.</p>
|
||||
|
||||
<p>Eigentlich wissen wir aber, wie man eine quadratische Gleichung löst. Genauso gut könnten wir den folgenden
|
||||
Algorithmus in einem Programm implementieren:</p>
|
||||
|
||||
<ol>
|
||||
<li>Berechne die Diskriminante <i>D</i>:
|
||||
<div class="equation">
|
||||
<math>
|
||||
<apply>
|
||||
<eq/>
|
||||
<cn>D</cn>
|
||||
<apply>
|
||||
<minus/>
|
||||
<apply>
|
||||
<power/>
|
||||
<apply>
|
||||
<divide/>
|
||||
<ci>p</ci>
|
||||
<cn>4</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
<cn>2</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
<cn>q</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
</apply>
|
||||
</math>
|
||||
</div>
|
||||
</li>
|
||||
|
||||
<li>Wenn <i>D</i> größer gleich 0 ist, gibt es zwei reelle Lösungen:
|
||||
<div class="equation">
|
||||
<math>
|
||||
<apply>
|
||||
<eq/>
|
||||
<msub>
|
||||
<mi>x</mi>
|
||||
<mn>1</mn>
|
||||
</msub>
|
||||
<apply>
|
||||
<plus/>
|
||||
<apply>
|
||||
<divide/>
|
||||
<ci>p</ci>
|
||||
<cn>2</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
<apply>
|
||||
<root/>
|
||||
<cn>D</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
</apply>
|
||||
</apply>
|
||||
</math>
|
||||
</div>
|
||||
<div class="equation">
|
||||
<math>
|
||||
<apply>
|
||||
<eq/>
|
||||
<msub>
|
||||
<mi>x</mi>
|
||||
<mn>2</mn>
|
||||
</msub>
|
||||
<apply>
|
||||
<minus/>
|
||||
<apply>
|
||||
<divide/>
|
||||
<ci>p</ci>
|
||||
<cn>2</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
<apply>
|
||||
<root/>
|
||||
<cn>D</cn>
|
||||
</apply>
|
||||
</apply>
|
||||
</apply>
|
||||
</math>
|
||||
</div>
|
||||
</li>
|
||||
</ol>
|
||||
|
||||
<p>Der Aufwand, dieses Programm, zu schreiben ist viel geringer als die Variante mit der künstlichen
|
||||
Intelligenz. Was noch viel wichtiger für ein Programm, das mathematische Berechnungen durchführt, ist,
|
||||
ist, dass wir wissen, dass, wenn der Algorithmus korrekt implementiert ist, er richtige Ergebnisse
|
||||
liefert. Wenn das lernende System komplex genug ist,
|
||||
können wir nicht mehr nachvollziehen, wie eine bestimmte Berechnung durchgeführt wird, das heißt, wir
|
||||
können nicht überprüfen, ob der Algorithmus für alle Paare <i>p</i> und <i>q</i> das richtige Ergebnis liefert.
|
||||
Für die Anwendungsfelder des maschinellen Lernens ist eine solche Genauigkeit auch nicht unbedingt
|
||||
erforderlich. Wenn ein soziales Netzwerk setzt künstliche Intelligenz ein, um gezielte Werbung
|
||||
anzuzeigen, dann ist es durchaus vorteilhaft, wenn die Werbung den Nutzer anspricht, aber es ist immer
|
||||
noch zulässig, wenn die Wahl der Werbung nicht optimal ist. Es genügt, wenn die Werbung
|
||||
<em>interessant genug</em> für den Nutzer ist, oder dass ein gewisser Profit durch sie erreicht wird.</p>
|
||||
|
||||
<p>Künstliche Intelligenz ist keine universelle Lösung für alle Probleme. Sie ist sehr nützlich für
|
||||
die Auswertung von großen Mengen an Daten und für die Suche nach Mustern in diesen, aber ist noch
|
||||
nicht fähig abstrakte, e.g. mathematische Probleme zu lösen.</p>
|
||||
|
||||
<h3>Fazit</h3>
|
||||
|
||||
<p>Über viele Fragen lässt es heute nur spekulieren. Können die Maschinen alle Tätigkeiten ausüben, die
|
||||
die Menschen ausüben? Sind sie eine neue Evolutionsstufe, sodass sie die Menschen eines Tages
|
||||
verdrängen und überflüssig machen? Oder werden die Maschinen und Menschen weiterhin friedlich
|
||||
coexistieren? Einige Autoren versuchen bereits diese Fragen zu beantworten. Ich wage heute noch nicht,
|
||||
auf sie eine Antwort zu geben. Schließlich ist die Entwicklung der Wissenschaft und der Technik
|
||||
auch von einer Reihe von sozialen, politischen und wirtschaflichen Faktoren mitbestimmt.</p>
|
||||
|
||||
<p>Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen ist ein junges Konzept, dem viel Aufmerksamkeit von
|
||||
verschiedenen Siten geschenkt wird. Die Technik und Informatik sind daran interessiert, weil es ermöglicht
|
||||
neue, selbst „denkende“ Programme zu schreiben; Naturwissenschaften hoffen durch künstliche
|
||||
auch die menschliche Intelligenz besser zu verstehen; man sieht auch Potenzial, den Menschen noch mehr
|
||||
vom Last der Arbeit zu befreien, aber man warnt auch vor den Gefahren der Verselbständigung der
|
||||
Computertechnik oder deren Missbrauch. Naturwissenschaftliche Forschung hatte schon fatale Folgen, sie
|
||||
ermöglichte zum Beispiel eines Tages die Erschaffung der Atomwaffen, was vielen unschuldigen Menschen
|
||||
ihr Leben kostete. Doch sie hat auch einen soliden Beitrag zur modernen Medizin und Technik geleistet,
|
||||
auf die wir uns jeden Tag verlassen. Um die künstliche Intelligenz scheint es ähnlich zu stehen: Es ist
|
||||
ein kontroverses Thema.</p>
|
||||
|
||||
</section>
|
||||
|
||||
<footer>
|
||||
<ol class="references">
|
||||
<li id="cite_note-1">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-1">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Ray Kurzweil. <i>Menschheit 2.0. Die Singularität naht</i>.
|
||||
Berlin, 2014, S. 7f.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-2">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-2">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
David Danks. <i>Learning</i>.
|
||||
In: <i>The Cambridge Handbook of Artificial Intelligence</i>.
|
||||
Hrsg. von Keith Frankish und William M. Ramsey.
|
||||
Cambridge, 2014, S. 154.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-3">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-3">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Ivan Nunes da Silva u. a. <i>Artificial Neural Networks. A Practical Course</i>.
|
||||
Switzerland, 2017, S. 27.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-4">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-4">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Danks, <i>Learning</i>, S. 154.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-5">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-5">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Alan Mathison Turing. <i>Computing Machinery and Intelligence</i>.
|
||||
In: <i>Mind</i> 59(236) (Okt. 1950), S. 433f.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-6">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-6">^</a>
|
||||
<span>Ebd.</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-7">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-7">^</a>
|
||||
<span>Ebd., S. 434.</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-8">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-8">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Søren Kierkegaard. <i>Die Krankheit zum Tode. Eine christlich-psychologische Darlegung zur Erbauung
|
||||
und Erweckung</i>. Übers. von Gisela Perlet. Copenhagen, 2015, S. 11.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-9">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-9">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Yvonne Förster. <i>Effects of the Neuro-Turn: The Neural Network as a Paradigm for Human Self-Understanding</i>.
|
||||
In: <i>The Human Sciences After the Decade of the Brain</i>. Hrsg. von Jon Leefmann und Elisabeth Hildt.
|
||||
Cambridge, 2017, S. 164.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-10">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-10">^</a>
|
||||
<span>Kierkegaard, <i>Die Krankheit zum Tode.</i>, S. 11.</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-11">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-11">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Förster, <i>Effects of the Neuro-Turn: The Neural Network as a Paradigm for Human Self-Understanding</i>,
|
||||
S. 163.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-12">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-12">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Doris Nauer. <i>Seelsorge. Sorge um die Seele</i>. 3. Aufl. Stuttgart, 2014, S. 35.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
<li id="cite_note-13">
|
||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-13">^</a>
|
||||
<span>
|
||||
Förster, <i>Effects of the Neuro-Turn: The Neural Network as a Paradigm for Human Self-Understanding</i>,
|
||||
S. 172.
|
||||
</span>
|
||||
</li>
|
||||
</ol>
|
||||
</footer>
|
717
themes/posts/2017/12/ki-begriffsklaerung.tex
Normal file
717
themes/posts/2017/12/ki-begriffsklaerung.tex
Normal file
@@ -0,0 +1,717 @@
|
||||
---
|
||||
layout: post
|
||||
date: 2017-12-25 00:00:00
|
||||
tags: Aufsatz
|
||||
title: Künstliche Intelligenz. Eine Begriffsklärung
|
||||
teaser:
|
||||
<p>Es ist relativ neu, dass man angefangen hat, technischen Artefakten menschliche Eigenschaften zuzuschreiben.
|
||||
So spricht man heute von „intelligenten“ Maschinen. Es gibt intelligente Menschen, die gebildet,
|
||||
begabt sind. Die Maschinen, Computer werden programmiert, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen, sie arbeiten
|
||||
nach einem vordefinierten Algorithmus. Bestenfalls kann so ein Algorithmus aktualisiert werden.
|
||||
Wäre es jedoch vielleicht möglich, ein Programm zu schreiben, das das menschliche Lernvermögen nachbildet
|
||||
und lernen kann? Es ist tatsächlich möglich und in diesem Fall spricht man von der <em>künstlichen Intelligenz</em>
|
||||
(<em>Artificial Intelligence</em>) und dem <em>maschinellen Lernen</em> (<em>Machine Learning</em>), von der
|
||||
Fähigkeit einer Maschine, selbst zu lernen, also den Algorithmus, nach dem sie arbeitet, weiter zu entwickeln
|
||||
und zu verändern. Das, was eine Maschine auf diese Weise gelernt hat, ist oft so komplex, dass man nicht mehr
|
||||
sagen kann, wie genau sie das gelernt hat und wie sie zu Ergebnissen kommt, die sie liefert. Ob es ausreichend
|
||||
ist, von der Intelligenz zu sprechen, im selben Sinne, wie man von der menschlichen Intelligenz spricht, ist
|
||||
eine schwierige Frage. Selbst die menschliche Intelligenz ist kein eindeutig definierter, ein vager Begriff,
|
||||
der viele subjektive Merkmale in sich trägt.</p>
|
||||
---
|
||||
\section{Einleitung}
|
||||
|
||||
Die Technik gibt es seit sehr langem. Der Mensch war schon immer abhängig von seiner Technik und
|
||||
verdankte ihr seinen kulturellen Aufstieg. Sie erleichterte das Überleben in der Natur, ermöglichte
|
||||
den Bau der Städte und die Entwicklung der Zivilisationen, half bei der Kriegsführung und der Erforschung
|
||||
und dem Bewohnen neuer Territorien. Mit der Zeit wurde die Technik immer komplexer: Angefangen mit einfachen
|
||||
Werkzeugen hat man gelernt, komplexere Maschinen zu bauen. Dies hatte wiederum eine enorme Wirkung auf die
|
||||
Kultur. Viele schwere Arbeiten konnten auf die Maschinen verlagert werden; die Bildung hat einen neuen
|
||||
Aufschwung bekommen; Wissenschaften hatten neue Mittel, um Experimente durchzuführen und immer weiter
|
||||
fortzusrchreiten. Schon sehr lange ist der Mensch von seiner Technik umgeben; Es ist nicht erst gestern
|
||||
passiert, dass er sich von ihr abhängig gemacht hat und seine Geschichte mit der der
|
||||
Technik verbunden hat. Was sich aber im Laufe der Zeit gewandelt hat, ist die Art der angesetzten Technik.
|
||||
|
||||
Es ist relativ neu, dass man angefangen hat, technischen Artefakten menschliche Eigenschaften zuzuschreiben.
|
||||
So spricht man heute von „intelligenten“ Maschinen. Es gibt intelligente Menschen, die gebildet,
|
||||
begabt sind. Die Maschinen, Computer werden programmiert, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen, sie arbeiten
|
||||
nach einem vordefinierten Algorithmus. Bestenfalls kann so ein Algorithmus aktualisiert werden.
|
||||
Wäre es jedoch vielleicht möglich, ein Programm zu schreiben, das das menschliche Lernvermögen nachbildet
|
||||
und lernen kann? Es ist tatsächlich möglich und in diesem Fall spricht man von der \textit{künstlichen Intelligenz}
|
||||
(\textit{Artificial Intelligence}) und dem \textit{maschinellen Lernen} (\textit{Machine Learning}), von der
|
||||
Fähigkeit einer Maschine, selbst zu lernen, also den Algorithmus, nach dem sie arbeitet, weiter zu entwickeln
|
||||
und zu verändern. Das, was eine Maschine auf diese Weise gelernt hat, ist oft so komplex, dass man nicht mehr
|
||||
sagen kann, wie genau sie das gelernt hat und wie sie zu Ergebnissen kommt, die sie liefert. Ob es ausreichend
|
||||
ist, von der Intelligenz zu sprechen, im selben Sinne, wie man von der menschlichen Intelligenz spricht, ist
|
||||
eine schwierige Frage. Selbst die menschliche Intelligenz ist kein eindeutig definierter, ein vager Begriff,
|
||||
der viele subjektive Merkmale in sich trägt.
|
||||
|
||||
Dass wir die Programme entwickeln können, die sich selbst „weiterschreiben“, weiterentwickeln
|
||||
können, birgt viele Möglichkeiten und viele Gefahren in sich. Einerseits können die Maschinen dem Menschen
|
||||
nicht nur schwere körperliche Arbeit abnehmen, sondern auch einige geistige Tätigkeiten. Zum Beispiel das
|
||||
Übersetzen von Texten in andere Sprachen kann teilweise von Computern übernommen werden, die ihre
|
||||
„Sprachkenntnisse“ selbst immer mehr verbessern können. Andererseits, wenn man nicht mehr
|
||||
versteht, wie genau die von ihm konstruierte Maschine handelt, fühlt man sich bedroht. Es werden auch Stimmen
|
||||
laut, dass die nächste Stufe der Evolution nicht eine biologische, sondern eine technische Evolution sei und,
|
||||
dass der Mensch sehr bald vom Werk seiner Hände überholt werde.\autocite[7ff]{kurzweil:menschheit}
|
||||
|
||||
Das Ziel dieser Arbeit ist, auf die künstliche Intelligenz und neuronale Netze, nicht nur aus technischer,
|
||||
sondern auch philosophischer Sicht zu schauen. Wenn wir von der künstlichen Intelligenz sprechen,
|
||||
verwenden wir viele Begriffe wie Lernen, Lernerfolg, Intelligenz, deren Bedeutung aber nicht immer
|
||||
klar ist. Und ich finde, dass das, wie wir über die Maschinen sprechen,
|
||||
viel darüber sagt, wie sich unser eigenes Menschenbild im technischen Zeitalter verändert oder verändert hat.
|
||||
|
||||
\section{Maschinelles Lernen}
|
||||
|
||||
Maschinelles Lernen ist ein Zweig der künstlichen Intelligenz, in dem es darum geht, einem künstlichen
|
||||
System das Gewinnen von Wissen zu ermöglichen. Ein auf diese Weise lernendes System kann eine gestellte
|
||||
Aufgabe nicht nach einem vordefinierten Algorithmus lösen, sondern ist fähig, selbst zu lernen, wie die
|
||||
Aufgabe zu lösen ist.
|
||||
|
||||
Maschinelles Lernen ist sehr vielfältig und hat verschiedene Anwendungen. Es kann grob in zwei große Kategorien
|
||||
unterteilt werden: überwachtes und unüberwachtes Lernen.
|
||||
|
||||
\subsection{Überwachtes Lernen (Supervised Learning)}
|
||||
|
||||
Beim überwachten Lernen stehen dem Lernenden eine Menge von Eingaben und den dazugehörigen Ausgaben zur Verfügung.
|
||||
Das heißt es gibt eine Reihe von Ausgangsituationen und eine Reihe möglicher Antworten beziehungsweise Reaktionen
|
||||
auf jene Situationen, wobei zwischen den ersteren und den letzteren eine Abhängigkeit vorhanden ist.
|
||||
Das Ziel des Algorithmus ist jetzt diese Abhängigkeit zu entdecken, sie zu „erlernen“.
|
||||
|
||||
\begin{quote}
|
||||
\textit{Supervised learning} algorithms assume that some variable X is
|
||||
designated as the target for prediction, explanation, or inference, and that
|
||||
the values of X in the dataset constitute the „ground truth“ values for
|
||||
learning.\autocite[154]{danks:ai}
|
||||
\end{quote}
|
||||
|
||||
Zum überwachten Lernen gehört auch das sogenannte \textbf{bestärkende Lernen (Reinforcement Learning)}.
|
||||
Das ist das Lernen durch „Versuch und Irrtum“. Dem lernenden System steht hier keine Menge
|
||||
möglicher Ausgaben, sodass der Algorithmus aus vorhandenen Daten lernen könnte, dafür kann es mit seiner
|
||||
Umgebung interagieren und von dieser „belohnt“ oder „bestraft“ werden. Also der
|
||||
Algorithmus wird aus der Umgebung bewertet und anhand dieser Bewertung kann er lernen, wie er anhand
|
||||
einer Eingabe zu der richtigen Ausgabe gelangt.
|
||||
|
||||
„The learning algorithms used on reinforcement learning adjusts
|
||||
the internal neural parameters relying on any qualitative or quantitative information
|
||||
acquired through the interaction with the system (environment) being mapped, [\dots]“\autocite[27]{silva:ai}
|
||||
|
||||
Maschinelles und bestärkendes Lernen wird schon seit längerer Zeit bei Spam-Erkennung verwendet. Als Spam
|
||||
werden unerwünschte E-Mails, zum Beispiel Werbung, die man nicht bestellt hat, genannt. Es gibt auch einen
|
||||
Gegenbegriff zum Spam: Ham, also normale E-Mails, die man in seinem E-Mail-Postfach erwartet.
|
||||
|
||||
Wie ein Programm lernt, Spam von Ham zu unterscheiden, kann man damit vergleichen, wie es ein Mensch lernt.
|
||||
Sie bekommen unerwünschte Werbung per Post. Es ist ein Briefumschlag mit einer unpersönlichen Anrede und ein
|
||||
kleines Heft. Sie blättern es durch und sehen, dass sie daran nicht interessiert sind und schmeißen es weg.
|
||||
Wenn Sie ein ähnliches Heft nächstes Mal bekommen, blättern Sie vielleicht nochmal durch, um sicher zu sein,
|
||||
dass es nichts Wichtiges bzw\@. etwas, was Sie abonniert haben, ist. Wenn Sie einige Wochen später nochmal so ein
|
||||
Heft bekommen, reicht nur ein Blick. Vielleicht haben Sie den Namen desselben Unternehmens oder bekannte
|
||||
Produktabbildungen oder einen ähnlichen Werbetext gesehen --- Sie schmeißen es, ohne genauer zu schauen, weg.
|
||||
Sie haben gelernt, dass derartige Hefte mit Werbung keine für Sie hilfreiche Information enthalten.
|
||||
|
||||
In vielen Mail-Programmen gibt es inzwischen die Funktion „Als Spam markieren“. Wenn eine E-Mail
|
||||
als Spam markiert wird, analysiert der Spam-Filter den Inhalt der E-Mail und merkt, wie viele Male jedes Wort
|
||||
in der Nachricht vorkommt. Dieselbe Analyse macht der Filter für die anderen Nachrichten, die nicht als Spam
|
||||
markiert wurden. Langsam sammelt sich eine Datenbank mit der Anzahl der Vorkommnisse verschiedener Wörter in
|
||||
Spam- und Ham-Nachrichten. Anhand dieser Daten kann dann der Filter erkennen, dass bestimmte Wörter nur in
|
||||
Spam-Mails vorkommen, aber nicht in Ham, und kann ohne die Einmischung des Menschen entscheiden, ob eine E-Mail
|
||||
unerwünscht ist oder nicht. So ein Verfahren ist natürlich nicht fehlerfrei. Es kommt sowohl dazu, dass Spam durch
|
||||
so einen Filter unerkannt durchdringen kann, als auch dazu, dass Ham im Spam-Ordner landet. Auf diversen Webseiten
|
||||
kann man lesen: „Wenn Sie keine E-Mail innerhalb von \textit{X} Stunden erhalten haben, überprüfen Sie Ihren
|
||||
Spam-Ordner“. Wenn Ham als Spam eingestuft wird, spricht man vom \textit{False-Positive}. Es gibt meistens
|
||||
wiederum die Funktion, um die Spam-Markierung von der E-Mail zu entfernen. Dadurch kann der Filter neu lernen
|
||||
und seine Datenbank aktualisieren beziehungsweise anpassen.
|
||||
|
||||
Wir haben gesehen, dass eine der Möglichkeiten, Spam zu erkennen, darauf basiert, den Spam-Filter mit der
|
||||
Umgebung, also mit dem Benutzer, kommunizieren zu lassen. Der Benutzer hat eine Möglichkeit dem Filter mitzuteilen,
|
||||
ob eine E-Mail Spam oder Ham ist, woraus der Filter lernen kann. Je länger so ein Filter eingesetzt wird und je
|
||||
mehr er auf diese Weise trainiert wird, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit des False-Positives.
|
||||
|
||||
\subsection{Unüberwachtes Lernen (Unsupervised Learning)}
|
||||
|
||||
\begin{quote}
|
||||
\textit{Unsupervised learning} algorithms do not single out any particular
|
||||
variables as a target or focus, and so aim to provide a general
|
||||
characterization of the full dataset.\autocite[154]{danks:ai}
|
||||
\end{quote}
|
||||
|
||||
Beim unüberwachten Lernen wird keine bestimmte Ausgabe, kein bestimmter Wert bei der Ausgabe erstrebt, wie es
|
||||
bei dem überwachten Lernen der Fall ist. Vielmehr geht es darum, eine innere Struktur in den Daten zu entdecken.
|
||||
|
||||
Ein Standardbeispiel für unüberwachtes Lernen ist ein soziales Netzwerk. In großen sozialen Netzwerken kann
|
||||
man sein Interesse oder Desinteresse dadurch zeigen, dass man bestimmte Beitrage positiv markiert
|
||||
beziehungsweise blockiert. Ein gutes soziales Netzwerk würde, um seinen Nutzern genüge zu tun, die einem
|
||||
bestimmten Benutzer angezeigten Beiträge zensieren, und ihm nur diejenigen zeigen, die er wahrscheinlich
|
||||
mag und nicht diejenigen, die er blockieren würde. Aber das Netzwerk weiß nicht im Voraus, dass es
|
||||
Beiträge zu verschiedenen Themen gibt: Kunst, Politik, Sport und so weiter. Schließlich können immer neue
|
||||
Themen auftauchen. Das Netzwerk lernt selbst die Beiträge und Benutzer zu klassifizieren. Das Lernen geht
|
||||
über die Erforschung der Vorlieben einer bestimmten Person hinaus. Nehmen wir an in Profilen zweier Personen
|
||||
unter „Interessen“ steht, dass sie gern Tennis spielen und beide lesen gerne Nachrichten eines
|
||||
Sportvereins, der eine eigene Seite im sozialen Netzwerk hat. Wenn eine dritte Person jetzt angibt, dass sie
|
||||
gern Tennis spielt, hat das soziale Netzwerk den Grund anzunehmen, dass dieser Person auch die Nachrichten
|
||||
des Sportvereins gefallen werden. Das heißt das Netzwerk lernt aufgrund komplexer Zusammenhänge, dass es bestimmte
|
||||
Gruppen, Themen- und Interessenbereiche gibt. Es gibt hier keine richtige Antwort, man überwacht nicht alle
|
||||
registrierten Benutzer und korrigiert das Netzwerk nicht: Nein, dieser Mensch gehört dieser Gruppe nicht. Und
|
||||
wenn ich einen Beitrag blockiere und markierte, bedeutet es nicht unbedingt, dass ich eine Bewertung abgebe, wie
|
||||
gut das Netzwerk gelernt hat. Es kann schließlich sein, dass ich heute keine Lust auf meinen Sportverein habe,
|
||||
sonst aber gerne lese, was er schreibt.
|
||||
|
||||
Die Unterteilung in Gruppen, Klassifizierung ist in der Wirklichkeit sehr komplex und unterzieht sich oft der
|
||||
Möglichkeit, sich auf irgendeine Weise kontrollieren oder bewerten zu lassen. Unüberwachtes Lernen kann hier
|
||||
Abhilfe schaffen.
|
||||
|
||||
\section{Neuronale Netze}
|
||||
|
||||
In diesem Abschnitt handelt es sich um eine mögliche Realisierung des maschinellen Lernens und zwar anhand
|
||||
der neuronalen Netze.
|
||||
|
||||
\subsection{Biologisches Vorbild}
|
||||
|
||||
Ein „neuronales Netz“, wie der Name raten lässt, ist ein Netz das aus
|
||||
Neuronen beziehungsweise Nervenzellen besteht. Das Neuron ist kein technischer Begriff, er stammt aus
|
||||
der Biologie: „[\dots] die Nervenzelle --- das Neuron --- [ist] der Grundbaustein und die elementare
|
||||
Signaleinheit des Gehirns [\dots]“\autocite[75]{kandel:gedaechtnis} Neuronale Netze haben nicht nur
|
||||
den Begriff des Neurons aus der Gehirnforschung übernommen, sondern auch einige weitere, und überhaupt
|
||||
haben sie menschliches Gehirn zu ihrem Vorbild.
|
||||
|
||||
Die Nervenzelle besteht aus drei Komponenten: einem Zellkörper mit zwei Arten von Fortsätzen,
|
||||
Axone und Dendriten.\autocite[Vgl.][79]{kandel:gedaechtnis} Diese Fortsätze der Nervenzelle dienen
|
||||
der Signal- beziehungsweise der Informationsübertragung:
|
||||
|
||||
\begin{quote}
|
||||
Mit den Dendriten empfängt das Neuron Signale von anderen Nervenzellen, und mit dem Axon sendet es
|
||||
Informationen an andere Zellen\@. [\dots] Die Axonendigungen eines Neurons kommunizieren mit den
|
||||
Dendritten eines anderen Neurons nur an speziellen Stellen, die von Sherrington später Synapsen
|
||||
genannt wurden (von griechisch \textit{s\'{y}napsis} --- „Verbindung“).\autocite[81]{kandel:gedaechtnis}
|
||||
\end{quote}
|
||||
|
||||
Synapsen sind ein weiterer Begriff, der für maschinelles Lernen wichtig ist. Sie verbinden
|
||||
die Neuronen miteinander und kodieren die bisher gelernten Informationen. In künstlichen sowie in
|
||||
biologischen neuronalen Netzen sind nicht alle Neuronen miteinander verbunden. Im Falle der biologischen
|
||||
neuronalen Netze sind „Nervenzellen innerhalb bestimmter Bahnen verknüpft [\dots], die
|
||||
er [Santiago Ram\'{o}n y Cajal] neuronale Schaltkreise nannte. Signale bewegen sich darin in
|
||||
vorhersagbaren Mustern.“\autocite[81]{kandel:gedaechtnis} Auch im Gehirn sind die Synapsen für
|
||||
die Informationsspeicherung und Lernerfahrung verantwortlich, da das Lernen die synaptische Stärke und
|
||||
dadurch die Kommunikation zwischen Neuronen verändern kann.\autocite[Vgl.][220]{kandel:gedaechtnis}
|
||||
|
||||
\subsection{Einschichtiges feedforward-Netz}
|
||||
|
||||
In diesem Abschnitt soll die Funktionsweise eines neuronalen Netzes an einem Beispiel erklärt werden.
|
||||
Nehmen wir an, wir wollen den Zusammenhang zwischen der Anzahl der Stunden, die man mit dem
|
||||
Lernen und dem Schlafen am Tag vor einer Klausur verbracht hat, und dem Ergebnis der Klausur,
|
||||
gemessen in Prozent, herausfinden.
|
||||
|
||||
Zu unseren Eingabedaten zählen:
|
||||
|
||||
\begin{enumerate}
|
||||
\item Stunden geschlafen.
|
||||
\item Stunden gelernt.
|
||||
\end{enumerate}
|
||||
|
||||
Basierend auf diesen Daten wollen wir vorhersagen, wie das Ergebnis der Klausur ausfällt. Da wir am Anfang
|
||||
nicht blind raten wollen, nehmen wir auch an, dass wir eine Testperson zur Verfügung haben, die uns für die
|
||||
Untersuchung notwendige Parameter und das Endresultat ihrer Klausur mitteilt.
|
||||
|
||||
\begin{center}
|
||||
\begin{tabular}{c c}
|
||||
(gelernt; geschlafen) & Ergebnis \\
|
||||
\toprule
|
||||
(3 Std; 5 Std) & 70\% \\
|
||||
\bottomrule
|
||||
\end{tabular}
|
||||
\end{center}
|
||||
|
||||
Diese Daten wollen wir verwenden, um unser neuronales Netz zu „trainieren“, d\@.h\@. es
|
||||
muss anhand dieser Daten Vorhersagen über einen wahrscheinlichen Verlauf künftiger Klausuren machen können.
|
||||
|
||||
Bei unseren Berechnungen wollen wir nicht mit verschiedenen Maßeinheiten arbeiten. Zum Beispiel in unseren
|
||||
Daten haben wir die Eingabe in \textit{Stunden} und die Ausgabe in \textit{Prozent}, es ist allerdings nicht
|
||||
möglich Stunden in Prozente zu übersetzen oder umgekehrt. Unser Netz ist aber auch an Maßeinheiten oder an
|
||||
der Art unserer Daten nicht interessiert, es muss schließlich mögliche Zusammenhänge zwischen den Eingabe-
|
||||
und Ausgabewerten finden, unabhängig davon, ob es nun Stunden, Prozente, Kilogramme oder Meter sind.
|
||||
|
||||
Außerdem soll die Ausgabe $x$ die folgende Bedingung erfüllen soll:
|
||||
|
||||
\begin{gather}
|
||||
\{x \in \mathbb{N} \mid 0 \leq x \leq 100 \}
|
||||
\end{gather}
|
||||
|
||||
Um bessere Ergebnisse zu bekommen, werden wir hauptsächlich mit reellen Zahlen von 0 bis 1 rechnen.
|
||||
Um das zu erreichen werden die Stunden und die Prozentzahl durch 100 geteilt. Nach diesen Umwandlungen
|
||||
erhalten wir die folgende Tabelle:
|
||||
|
||||
\begin{center}
|
||||
\caption{table}{\textbf{Normalisiert}}
|
||||
\begin{tabular}{c c}
|
||||
(gelernt; geschlafen) & erwartetes Ergebnis \\
|
||||
\toprule
|
||||
(0{,}03; 0{,}05) & 0,7 \\
|
||||
\bottomrule
|
||||
\end{tabular}
|
||||
\end{center}
|
||||
|
||||
\subsection{Gewichtung}
|
||||
|
||||
Unser neuronales Netz wird insgesamt aus drei Schichten bestehen:
|
||||
|
||||
\begin{figure}[H]
|
||||
\centering
|
||||
\includegraphics{/assets/images/ki-begriffsklaerung/image1.png}
|
||||
\caption{Einfaches neuronales Netz}\label{fig:empty_network}
|
||||
\end{figure}
|
||||
|
||||
Jede dieser Schichten hat wiederum eins oder mehrere \textit{Neuronen}. Jedes dieser Neuronen kann
|
||||
Daten speichern (in unserem Fall --- eine Zahl). Die Neuronen sind untereinander mit \textit{Synapsen} verbunden.
|
||||
Eine Synapse kann wiederum Informationen speichern, i\@.e\@. sie werden auch mit einer Zahl versehen.
|
||||
|
||||
Die erste Schicht (Abbildung~\ref{fig:empty_network}, links) ist die Eingabeschicht, sie enthält die
|
||||
Eingabedaten. Als Eingabe haben wir zwei Werte pro Testlauf: die Anzahl der Stunden, die die Testperson gelernt
|
||||
und geschlafen hat. Diese zwei Werte sind unseren Eingaben, weil es die Daten sind, auf deren Basis wir eine
|
||||
Ausgabe erwarten, eine Vorhersage machen wollen. Die Ausgabeschicht ist die letzte Schicht
|
||||
(Abbildung~\ref{fig:empty_network}, rechts), sie hat nur ein Neuron, das Ergebnis der Klausur, das wir erwarten.
|
||||
Schließlich in der Mitte ist die verdeckte Schicht. Sie ist verdeckt, weil sie für den Endbenutzer
|
||||
nicht sichtbar ist, der Endbenutzer gibt schließlich eine Eingabe und bekommt am Ende eine Ausgabe, dazwischen
|
||||
werden, basierend auf dem, was das neuronale Netz vorher gelernt hat, nur eine Reihe von Berechnungen
|
||||
durchgeführt.\autocite[Vgl.][22]{silva:ai}
|
||||
|
||||
Nun hat unser Netz noch nichts gelernt, wir wollen das erstmal nur trainieren. Für den ersten Lauf müssen
|
||||
wir deswegen eine Reihe von Parametern \textit{zufällig} wählen.
|
||||
|
||||
Erstens brauchen wir die sogenannten \textit{Gewichte}. Gewichte sind Werte, die den Synapsen zugeordnet werden.
|
||||
Sie bestimmen, welchen Einfluss ein Eingabewert auf das Endergebnis hat. Die Gewichtung repräsentiert,
|
||||
was das Netz bisher gelernt hat.
|
||||
|
||||
In unserem Fall haben wir insgesamt 9 Synapsen, sodass jedes Neuron der Eingabeschicht mit allen Neuronen der
|
||||
verdeckten Schicht, und jedes Neuron der verdeckte Schicht mit dem Neuron der Ausgabeschicht verbunden werden
|
||||
kann. Ich versehe diese Synapsen mit den folgenden Werten (von oben nach unten und von links nach rechts):
|
||||
0.8, 0.4, 0.3, 0.2, 0.9, 0.5, 0.3, 0.5, 0.9. Es gibt erstmal keinen Grund, diese Werte und nicht andere
|
||||
auszuwählen. Sie sind zufällig gefällt und die einzige Bedingung, die sie erfüllen müssen, ist, dass jeder
|
||||
dieser Werte im Intervall $\left[ 0, 1 \right]$ liegen soll.
|
||||
|
||||
Schließlich müssen wir die Neuronen der Eingabeschicht mit unseren Ausgangsdaten füllen. Unsere Ausgangssituation
|
||||
graphisch dargestellt ist dann die folgende:
|
||||
|
||||
\begin{figure}[H]
|
||||
\centering
|
||||
\includegraphics{/assets/images/ki-begriffsklaerung/image2.png}
|
||||
\caption{Einfaches neuronales Netz}\label{fig:start_network}
|
||||
\end{figure}
|
||||
|
||||
\subsection{Vorwärtspropagation}
|
||||
|
||||
Im nächsten Schritt wird die verdeckte Schicht gefüllt. Da wir zwei Neuronen in der Eingabeschicht haben und
|
||||
jedes davon ist den Neuronen der verdeckten Schicht verbunden ist, führen jeweils zwei Synapsen von der
|
||||
Eingabeschicht zu einem der Neuronen der verdeckten Schicht. Wir multiplizieren den Wert des Neurones der
|
||||
Eingabeschicht mit den Gewichten der daraus ausgehenden Synapsen, addieren die Ergebnisse zusammen und schreiben
|
||||
das Endergebnis in das entsprechende Neuron der mittleren Schicht. Die Werte jedes der Neuronen der
|
||||
verdeckten Schicht werden also wie folgt berechnet:
|
||||
|
||||
\begin{equation}
|
||||
\begin{split}
|
||||
0{,}03 \cdot 0{,}8 + 0{,}05 \cdot 0{,}2 = 0{,}034\\
|
||||
0{,}03 \cdot 0{,}4 + 0{,}05 \cdot 0{,}9 = 0{,}057\\
|
||||
0{,}03 \cdot 0{,}3 + 0{,}05 \cdot 0{,}5 = 0{,}034
|
||||
\end{split}\tag{Verdeckte Schicht}
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
\begin{figure}[H]
|
||||
\centering
|
||||
\includegraphics{/assets/images/ki-begriffsklaerung/image3.png}
|
||||
\caption{Einfaches neuronales Netz}\label{fig:before_activation}
|
||||
\end{figure}
|
||||
|
||||
\subsection{Aktivierungsfunktion}
|
||||
|
||||
Da die Eingabe (die Stunden) nicht im Intervall $\left[ 0, 1 \right]$ liegt, verwenden wir eine
|
||||
\textit{logistische Aktivierungsfunktion}, deren Wertebereich $f(x) \in \mathbb{R} \mid 0 \leq x \leq 1$ ist:
|
||||
„The output result produced by the logistic function will always assume real values between zero
|
||||
and one.“\autocite[15]{silva:ai}
|
||||
|
||||
\begin{equation}
|
||||
f(x) = \frac{1}{1 + e^{-x}} \tag{Aktivierungsfunktion}
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
So bekommen wir nach den anschließenden Berechnungen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Zahl zwischen 0 und 1,
|
||||
die anschließlich mit 100 multipliziert werden kann, um so auf die Prozente zu kommen.
|
||||
|
||||
Wir wenden zunächst die Aktivierungsfunktion auf jeden der vorher berechneten Werte an und schreiben
|
||||
das Ergebnis ebenfalls in die verdeckte Schicht.
|
||||
|
||||
\begin{equation}
|
||||
\begin{split}
|
||||
f(0{,}034) \approx 0{,}509\\
|
||||
f(0{,}057) \approx 0{,}514\\
|
||||
f(0{,}034) \approx 0{,}509
|
||||
\end{split}
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
\begin{figure}[H]
|
||||
\centering
|
||||
\includegraphics{/assets/images/ki-begriffsklaerung/image4.png}
|
||||
\caption{Einfaches neuronales Netz}\label{fig:activation}
|
||||
\end{figure}
|
||||
|
||||
Es bleibt jetzt nur noch dieselbe Berechnung durchzuführen wie mit der Eingabeschicht: Jeder der Werte
|
||||
der verdeckten Schicht wird mit dem entsprechenden Gewicht multipliziert und alle Ergebnisse werden
|
||||
anschließend summiert.
|
||||
|
||||
\begin{equation}
|
||||
\begin{split}
|
||||
0{,}509 \cdot 0{,}3 = 0{,}1527\\
|
||||
0{,}514 \cdot 0{,}5 = 0{,}257\\
|
||||
0{,}509 \cdot 0{,}9 = 0{,}4581
|
||||
\end{split}
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
\begin{equation}
|
||||
\begin{split}
|
||||
0{,}1527 + 0{,}257 + 0{,}4581 \approx 0{,}87
|
||||
\end{split}
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
Hier ist das komplett ausgefüllte neuronale Netz für unsere Testperson:
|
||||
|
||||
\begin{figure}[H]
|
||||
\centering
|
||||
\includegraphics{/assets/images/ki-begriffsklaerung/image5.png}
|
||||
\caption{Einfaches neuronales Netz}\label{fig:complete_network}
|
||||
\end{figure}
|
||||
|
||||
\subsection{Fehlerrückführung}
|
||||
|
||||
Man muss einsehen, dass das Resultat, zu dem wir am Ende kamen, absolut zufällig ist.
|
||||
In fast jeder Berechnung wurden Gewichte verwendet, die am Anfang zufällig ausgewählt wurden.
|
||||
Das heißt, wenn ich mich für andere Gewichtung entschieden hätte, käme auch etwas anderes dabei
|
||||
heraus. Und das ist jetzt die Aufgabe, die bevorsteht: die Gewichtung so anzupassen, dass sie
|
||||
zu einem genaueren Ergebnis führt. Dieser Schritt heißt \textbf{Fehlerrückführung}. Man versucht
|
||||
hier den Fehler geringer zu machen. In unserem Fall ist das Ergebnis, das wir erwartet haben, 0.7.
|
||||
Statdessen haben 0.87, was um 0.17 größer als das erwartete Ergebnis. Wenn wir diese Distanz
|
||||
zwischen dem aktuellen und dem erwarteten Ergebnis geringer machen, \textit{trainieren}
|
||||
wir das neuronale Netz.
|
||||
|
||||
Es gibt mehrere Methoden, die Fehlerrückführung durchzuführen. Die einfachste (und die schlechteste
|
||||
für die Praxis, weil sie für ein größeres Netz zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde) wäre, einige der
|
||||
Gewichte zu ändern (man kann dafür wiederum andere zufällige Zahlen von 0 bis 1 verwenden), und
|
||||
alles dann nochmal mit diesen neuen Gewichten berechnet. Wenn man zu einem besseren Ergebnis kommt,
|
||||
kann man versuchen, die Gewichtung weiter anzupassen, bis das Resultat zufriedenstellend ist. Wenn
|
||||
das Ergebnis noch schlechter wird, versucht man dasselbe mit anderen Gewichten.
|
||||
|
||||
Das heißt, die \textbf{Vorwärtspropagation} und \textbf{Fehlerrückführung} werden mehrmals wiederholt,
|
||||
bis das Endresultat ausreichend genau ist. Schließlich ist eine Testperson für das Trainieren des
|
||||
neuronalen Netzes nicht ausreichend. Wenn wir weitere Daten erhalten, können wir sie genauso
|
||||
einsetzen, und den Endwert mit denselben Gewichten für diese neuen Daten berechnen. Dann können
|
||||
wir versuchen, die Gewichtung so anzupassen, dass für die beiden Fälle ein genaueres Ergebnis
|
||||
herauskommt. Dann ziehen wir noch eine dritte Testperson hinzu und so weiter\dots{} Irgendwann haben
|
||||
wir die Gewichtung so gewählt, dass wir damit rechnen können, dass wenn wir dem Netz neue Daten
|
||||
übergeben, wir eine gute Einschätzung für die Endnote bekommen. Es ist kaum möglich mit dem oben
|
||||
aufgeführten Netz. Neuronale Netze sind in der Praxis viel komplexer und haben mehrere verdeckte
|
||||
Schichten, was genauere Anpassung der Gewichte ermöglicht.
|
||||
|
||||
\section{Lernerfolg. Turing-Test}
|
||||
|
||||
Im Zusammenhang mit dem maschinellen Lernen sprechen wir vom Lernerfolg. Allerdings wurde es noch nicht
|
||||
geklärt, was Erfolg in diesem Fall bedeutet.
|
||||
|
||||
Um einen gewöhnlichen Einwand gegen den Erfolg der künstlichen Intelligenz zu erläutern, konstruieren
|
||||
wir ein futuristisches Beispiel, das in einer oder der anderen Form zum Thema vieler Filme der letzten
|
||||
Jahre geworden ist. Sagen wir, die Menschen haben einen Supercomputer entwickelt, dessen künstliche
|
||||
Intelligenz dermaßen fortgeschritten ist, dass er selbst weitere Maschinen entwerfen und produzieren kann.
|
||||
So beginnt eine neue Ära, in der die Maschinen sich selbt ohne die Einmischung des Menschen entwickeln.
|
||||
Schlussendlich wird der Mensch zu einer überholten, schwachen Spezies, deren Existenz nicht mehr förderlich
|
||||
für den weiteren technischen Fortschritt ist, sodass der mächtige Supercomputer sich dazu entscheidet,
|
||||
die menschliche Art auszulöschen. Nun hatte der Supercomputer, der eine solche Macht erlangt hat, alles über
|
||||
die Wissenschaft und Technik gelernt, was der Mensch je hätte lernen können, und diese Kenntnisse noch
|
||||
weiter gebracht hat. Man könnte sich aber fragen, ob der Erfolg des Lernens an der Anzahl der Erkenntnisse
|
||||
gemessen werden kann. In dem aufgeführten Beispiel hat sich die Technik, die der Mensch sich zuhilfe
|
||||
schuf, hatte gegen den Menschen gewendet und so gegen das moralische Prinzip, nach dem das menschliche
|
||||
Leben einen Wert an sich hat, verstoßen.
|
||||
|
||||
Wenn wir also vom Erfolg sprechen, beziehen wir den Erfolg nicht nur auf die eigentliche Tätigkeit (das
|
||||
Erwerben von Erkenntnissen), sondern auch auf das Endresultat --- wie die erworbenen Erkenntnisse angewandt
|
||||
werden. Bei der Bewertung ihrer Anwendung braucht man wiederum eine Ethik, die es ermöglicht, zu beurteilen,
|
||||
ob die Anwendung richtig oder falsch, gut oder böse ist. Man sieht sofort, wie schnell das Problem des Erfolgs
|
||||
sehr komplex und unübersichtlich wird. Ich werde deswegen dafür argumentieren, dass der Erfolg des
|
||||
Lernens nur in dem Sinne des unmittelbaren Erfolgs ohne die Einbeziehung der Konsequenzen verstanden werden
|
||||
muss. Desweiteren werde ich versuchen den Erfolg anhand des Turing-Tests etwas genauer zu bestimmen.
|
||||
|
||||
Alan Turing stand vor einem ähnlichen Problem, als er das, was wir heute Turing-Test nennen, vorgeschlagen
|
||||
hat. Das Lernen, die Suche nach Gesetzmäßigkeiten und die Anwendung des Gelernten und Erforschten sind
|
||||
wichtige Aspekte menschlicher Denktätigkeit. Wenn wir davon sprechen, dass die Computer selbstständig
|
||||
lernen, stellt sich die Frage, ob sie dann auch denken kennen? Um zu sagen, ob die Computer denken
|
||||
können, muss man dann definieren, was das Denken eigentlich ist und dann schauen, ob diese Definition
|
||||
auf die Computersysteme angewandt werden kann.
|
||||
|
||||
Nun ist es aber alles andere als trivial, eine Definition für das Denken zu finden. Das eigentliche Problem
|
||||
besteht aber nicht darin, dass eine solche Definition eine schwierige Aufgabe ist, sondern darin, dass
|
||||
die Angabe einer Definition des Denkens sich sowohl dem Interessenbereich der Technik als auch
|
||||
dem Interessenbereich der Wissenschaft entzieht. Wir verbinden das Denken mit den Gehirnaktivitäten. Aber
|
||||
spielt es für einen Gehirnforscher in seiner wissenschaftlichen Forschung eine Rolle, was das Denken ist?
|
||||
Er kann durchaus eine private Überzeugung haben, dass das, was wir unter dem Denken verstehen, nichts weiter
|
||||
als die Gehirnaktivität ist, oder, dass das, was wir im Gehirn beobachten, nur auf eine bestimmte Weise
|
||||
unser Denken repräsentiert. Aber ob er sich für die erste Möglichkeit, oder für die zweite, oder für eine
|
||||
dritte entscheidet, ist für seine eigentliche wissenschaftliche Forschung von wenig Bedeutung. Auch
|
||||
umgekehrt: Wenn man eines Tages weiß, dass man jede geistige Aktivität auf Gehirnaktivitäten zurückführen
|
||||
kann, bedeutet es, dass ich mich ab dann für einen vollständig von den physikalischen Gesetzen
|
||||
bestimmten Bio-Roboter halte, der keinen eigenen Willen hat?
|
||||
|
||||
Es ist ganz natürlich den Gegenständen menschliche Eigenschaften und Aktivitäten zuzurschreiben:
|
||||
„Der Computer \textit{will} nicht funktionieren“. Natürlich kann es bei einem kaputten
|
||||
Rechner keine Rede vom Willen sein. Das ist bloß eine Redewendung. Aber wenn die Computer viel
|
||||
leistungsfähiger werden, passiert die Zuschreibung viel bewusster, wir fangen an, von ihrer Intelligenz,
|
||||
ihrem Denken oder dem Erfolg ihrer Aktivitäten zu sprechen. Diese Begriffe sind aber in der Sprache sehr
|
||||
oft ambivalent und werden intuitiv verwendet. Deswegen ist es auch problematisch, sie auf andere
|
||||
Gegenstände zu übertragen.
|
||||
|
||||
Um das höchstproblematische Reden vom Denken im Fall der Computer zu vermeiden, hat Alan Turing
|
||||
„The Imitation Game“\autocite[433f]{turing:mind} vorgeschlagen. Dieses Imitationsspiel
|
||||
wird von drei Personen gespielt: einem Mann (A), einer Frau (B) und einem Fragesteller (C), dessen
|
||||
Geschlecht für das Spiel irrelevant ist. Der Fragesteller kennt die beiden anderen Personen A und B
|
||||
nicht und befindet sich in einem anderen Raum. Das Ziel des Spiels für den Fragesteller besteht
|
||||
darin, richtig zu erraten, wer von A und B ein Mann und wer eine Frau ist. Dabei kann der Fragesteller
|
||||
den übrigen Spielteilnehmern Fragen stellen und Antworten auf seine Fragen bekommen. Die Teilnehmer
|
||||
kommunizieren miteinander so, dass der Befragende und die Befragten einander weder sehen noch
|
||||
hören können, zum Beispiel sie könnten einander Texte über das Internet versenden. A und B sind nicht
|
||||
verpflichtet, ehrliche Antworten auf die Fragen zu geben. Die Aufgabe von A ist, dem Befragenden zu
|
||||
helfen, B soll ihn im Gegenteil in die Irre führen.\autocite[433f]{turing:mind}
|
||||
|
||||
\begin{quote}
|
||||
We now ask the question, „What will happen when a machine takes the part of A in this
|
||||
game?“ Will the interrogator decide wrongly as often when the game is played like this
|
||||
as he does when the game is played between a man and a woman? These questions replace our
|
||||
original, „Can machines think?“\autocite[434]{turing:mind}
|
||||
\end{quote}
|
||||
|
||||
Das heißt, die Maschine soll die Rolle eines Spielers --- entweder A oder B --- übernehmen. Es gibt
|
||||
keine Frau, keinen Mann und Fragesteller mehr, sondern einen Menschen, eine Maschine und den
|
||||
Fragesteller (menschlich). Wenn es für den Fragesteller genauso schwierig ist, ohne einen direkten
|
||||
Kontakt eine Maschine von einem Menschen zu unterscheiden, wie eine Frau von einem Mann, dann hat
|
||||
die Maschine den Turing-Test bestanden.
|
||||
|
||||
Im Grunde, um den Erfolg des Lernens eines Computersystems zu bewerten, wird hier eine funktionale
|
||||
Beschreibung verwendet. Anstatt nach der Washeit der Dinge zu fragen: Was ist Denken? Was ist Erfolg?
|
||||
Können diese Begriffe auf ein Computersystem angewandt werden?, fragt man, ob und wie gut das System
|
||||
eine bestimmte Funktion ausführen, einen Test bestehen kann. Der Turing-Test scheint mir auch die beste
|
||||
Methode zu sein, um den Erfolg des Lernes eines Computersystems zu bewerten. Vor allem, weil so ein
|
||||
funktionaler Test einen Aufschluss darüber gibt, welche Stufe in der Entwicklung der künstlichen
|
||||
Intelligenz man bereits erreicht hat, und was noch verbessert werden muss, um den Lernerfolg zu
|
||||
vergrößern. Er gibt auch eine Skala an, von der abgelesen werden kann, ob ein Algorithmus bessere
|
||||
Ergebnisse liefert als ein anderer. Dies ermöglicht den technischen Fortschritt und die Verbesserung
|
||||
der Algorithmen. Diese Skala gibt es aber nicht oder sie ist sehr verschwommen, wenn der Lernerfolg eine
|
||||
ethische Perspektive haben soll.
|
||||
|
||||
Was ich hiermit nicht sagen will, ist, dass die Ethik für die Entwicklung der
|
||||
künstlichen Intelligenz unwichtig ist. Es macht nur wenig Sinn sie in die Definition des Lernerfolgs
|
||||
eines künstlichen Systems einzubeziehen. Um so ein System weiter zu entwickeln, braucht man eine
|
||||
technische Definition des Erfolgs, die ermöglicht, die Schwächen dieses Systems aufzuzeigen, an denen
|
||||
noch gearbeitet werden soll. Eine voreilige Einbeziehung einer ethischen Bewertung würde den Fortschritt
|
||||
im Bereich der künstlichen Intelligenz unnötig verkomplizieren und verlangsamen. Eine ethische Bewertung
|
||||
der künstlichen Intelligenz als solchen und dessen, wie sie eingesetzt wird, ist im Gegenteil nützlich
|
||||
und nötig, um die Möglichkeit einer bösartigen Anwendung deren zu verringern.
|
||||
|
||||
Ich meine auch nicht, dass eine ethische Auseinandersetzung der technischen Entwicklung zeitlich
|
||||
folgen soll. Es kann zu spät sein, sich mit etwas auseinanderzusetzen, was schon da ist. Vielmehr sollen
|
||||
die Bereiche des Technischen und Ethischen voneinander getrennt sein. Wenn ein Informatiker oder ein
|
||||
Mathematiker an einem neuen Algorithmus für maschinelles Lernen arbeitet, ist er wahrscheinlich
|
||||
gar nicht daran interessiert, ein künstliches System zu erschaffen, das ihm ermöglicht, die Welt
|
||||
zu beherrschen, womöglich ist er nur an seinem Fach interessiert und will sehen, wie weit man die
|
||||
künstliche Intelligenz bringen kann. Natürlich soll man sich Gedanken darüber machen, was passiert,
|
||||
wenn man den neuen Algorithmus oder die neue Technologie auf den Markt bringt, das darf aber nicht
|
||||
der eigentlichen Forschung im Wege stehen.
|
||||
|
||||
\section{Dritt- und Erstperson-Perspektive}
|
||||
|
||||
Kommen wir auf die Frage „Können die Maschinen denken?“ zurück. Was ist an dieser
|
||||
Frage so problematisch, sodass Alan Turing sie umzugehen suchte, außer dass der Begriff
|
||||
„Denken“ schwierig zu definieren ist. Oder warum ist er schwierig zu
|
||||
definieren? Das Denken für den Menschen ist ein \textit{Erlebnis}, das heißt ich erlebe mich
|
||||
selbst als ein denkendes Wesen. Ich gehe davon aus, dass auch die anderen Menschen sich als
|
||||
denkende Wesen erleben, obwohl ich nicht mit Sicherheit sagen kann, wie sich das Denken eines
|
||||
anderen Menschen für ihn anfühlt, was und wie er denkt. Man denke nur an die Diskussionen, ob
|
||||
Tiere Freude oder Leiden empfinden können, ob sie denken können. Es ist relativ naheliegend,
|
||||
dass andere Menschen denken können, aber es ist nicht klar, ob man das von den anderen Lebewesen
|
||||
behaupten kann. Desto unklarer ist es, wenn man von etwas spricht, was überhaupt kein
|
||||
Lebewesen ist.
|
||||
|
||||
Anstatt der Maschine einen Geist und eine Art Innerlichkeit zuzuschreiben, entwickelt sich aber
|
||||
die Tendenz, den Menschen mechanisch zu verstehen. Wenn Sören Kierkegaard sagt:
|
||||
„Der Mensch ist Geist“\autocite[11]{kierkegaard:krankheit}, so heute ist der Mensch immer
|
||||
öfter sein Gehirn: „In Germany, leading neuroscientists like Wolf Singer and Gerhard
|
||||
Roth are omnipresent in TV and press. They speak of the brain as if they were talking about a
|
||||
person.“\autocite[164]{foerster:neuroturn} Kierkegaards Mensch und sein Geist waren nicht bloß
|
||||
eine immaterielle Substanz, sondern vielmehr eine Synthese „aus Unendlichkeit und Endlichkeit,
|
||||
aus dem Zeitlichen und dem Ewigen, aus Freiheit und
|
||||
Notwendigkeit, [\dots]“\autocite[11]{kierkegaard:krankheit} Ob die Beschreibung des Menschen
|
||||
als Gehirn genauer zutrifft, ist fraglich. Yvonne Förster in ihrem Artikel „Effects of the
|
||||
Neuro-Turn: The Neural Network as a Paradigm for Human Self-Understanding“ macht darauf
|
||||
aufmerksam, dass obwohl bei der Erforschung des Gehirns nur die Drittperson-Perspektive in die Betrachtung
|
||||
einbezogen wird, eine Verschiebung der Terminologie von der Philosophie zu den Neurowissenschaften
|
||||
stattfindet:
|
||||
|
||||
\begin{quote}
|
||||
While phylosophy works with concepts, experience, reflection, and linguistic
|
||||
description, neuroscience, on the other hand, uses these philosophical terms within
|
||||
a third-person framework of observation, imaging techniques, and
|
||||
measurements.\autocite[163]{foerster:neuroturn}
|
||||
\end{quote}
|
||||
|
||||
Eine Reihe von Begriffen, wie der freie Wille oder das Bewusstsein, für die die Innenperspektive
|
||||
unentbehrlich ist, werden aus der Drittperson-Perspektive beurteilt und beschrieben.
|
||||
Doris Nauer spricht auch davon, dass bei der Erforschung geistiger Funktionen
|
||||
„NaturwissenschaftlerInnen zunehmend die Interpretationsgrenzen rein naturwissenschaftlicher
|
||||
Forschung überschreiten“.\autocite[35]{nauer:seelsorge}
|
||||
Außerdem merkt Förster an, dass die Neurowissenschaften keinen direkten Zugang auch zum Gehirn oder den
|
||||
Neuronen selbst haben, vielmehr arbeiten sie mit Modellen:
|
||||
|
||||
\begin{quote}
|
||||
The neural gains its visibility only via technology. The process of making the neural visible is
|
||||
not a simple representation of something otherwise hidden. Rather it is a production of images by
|
||||
means imaging techniques. What we get to see is not the inside of our skull, not copies of our
|
||||
neurons, but reconstructions modeled according to a certain set of rules of computation. The neural
|
||||
net as we know it from neuroscientific imagery is not a photograph of brain parts. It is deeply
|
||||
technological mediated.\autocite[172]{foerster:neuroturn}
|
||||
\end{quote}
|
||||
|
||||
Das Selbstverständnis des Menschen und das Verständnis der Maschine und der künstlichen Intelligenz sind
|
||||
voneinander abhängig. Wenn wir die Maschinen konstruieren, die selbst lernen und vielleicht denken können,
|
||||
und so den Menschen nachahmen, lernen wir auch etwas über die menschlichen Denkprozesse und dem
|
||||
Zusammenhang zwischen dem Bewusstsein und dem Gehirn. Andererseits um
|
||||
zu entscheiden, ob die Maschinen denken oder ein geistiges Leben haben können, ist unser Menschenbild
|
||||
wichtig, weil es von ihm abhängt, ob sich das, was wir unter dem Menschen verstehen, auf die Maschine
|
||||
übertragen lässt.
|
||||
|
||||
\section{Zum Begriff der Intelligenz}
|
||||
|
||||
Eine der Fragen, die sich noch stellen, ob wir im Falle der künstlichen Intelligenz überhaupt von
|
||||
der \textit{Intelligenz} sprechen kann, wie wir von der menschlichen sprechen. Ich möchte von vornherein
|
||||
sagen, dass diese Frage nicht eindeutig zu beantworten ist. Von einem Menschen zu sagen, er sei intelligent,
|
||||
ist nicht dasselbe, wie zu sagen: „Zwei ist eine gerade Zahl“.
|
||||
|
||||
Erstens, je nachdem wer das Wort „intelligent“ sagt, kann man darunter unterschiedliche
|
||||
Eigenschaften meinen. Für einen mag intelligent derjenige sein, der über viele Fachkentnisse in
|
||||
einem bestimmten Bereich verfügt. Für einen anderen ist es der, der allgemein gebildet ist und nicht
|
||||
nur in bestimmten Bereichen. Für den dritten spielen die erworbenen Kenntnisse überhaupt eine geringere
|
||||
Rolle, viel wichtiger, um intelligent zu sein, sei es, schlau zu sein, schnell die Lösungen für die
|
||||
auftretenden Probleme zu finden.
|
||||
|
||||
Zweitens hängt die Antwort auf die Frage, ob man so eine Eigenschaft wie „Intelligenz“
|
||||
auf eine Maschine übertragen kann, sehr stark von anthropologischen Ansichten der jeweiligen Person.
|
||||
Ist der Mensch selbst wahrscheinlich nichts weiter als eine Art von der Natur erschaffener Roboter?
|
||||
In diesem Fall kann wohl auch eine vom Menschen konstruierte Maschine Intelligenz haben. Wenn der Mensch
|
||||
dagegen ein geistiges Wesen ist, das nicht vollständig durch physikalische Gesetze determeniert ist,
|
||||
dann ist es qualitativ etwas anderes als eine Maschine und man könnte argumentieren, dass deswegen bestimmte
|
||||
Eigenschaften wie Intelligenz nur dem Menschen zugeschrieben werden können.
|
||||
|
||||
Der Stand der Entwicklung rechtfertigt nicht immer die Anwendung des Begriffes „Intelligenz“
|
||||
im Bezug auf die Maschinen. Bereits heutige Computer sind in bestimmten Bereichen
|
||||
intelligenter als die Menschen. Zum Beispiel kann jeder der heutigen Prozessoren (oder CPU,
|
||||
\textbf{C}entral \textbf{P}rocessing \textbf{U}nit) einfache Berechnungen, wie Multiplizieren,
|
||||
Dividieren, Addieren oder Substrahieren, vielfach schneller durchführen als ein Mensch. Und diese
|
||||
Fähigkeit besitzten bereits die Computer der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als die künstliche
|
||||
Intelligenz noch nicht so verbreitet war. Schnelles Rechnen kann auch ein Merkmal der Intelligenz sein.
|
||||
Und doch spricht man von der künstlichen Intelligenz meistens in Bezug auf maschinelles Lernen. Dies zeigt,
|
||||
dass wenn man von intelligenten Maschinen spricht, meint man eine bestimmte Art von der Intelligenz, und
|
||||
zwar meint man die Maschinen, die das Können besitzen, nicht nur die einprogrammierten
|
||||
„Kenntnisse“ anzuwenden, sondern auch neue Erkenntnisse selbstständig zu gewinnen. Das heißt
|
||||
Intelligenz knüpft hier an die \textit{schöpferische} Kraft des Menschen, an die Kraft etwas neues
|
||||
zu \textit{erschöpfen}. Natürlich ist es nicht dasselbe wie Erschaffen eines Kunstwerkes oder eines
|
||||
Musikstückes, weil das, was erkannt wird, schon da ist, es nicht aus Nichts geschaffen wird. Und doch
|
||||
ist auch das Gewinnen der Erkenntnisse aus der Erfahrung, die vorher nicht waren, ist das Gewinnen von
|
||||
etwas \textit{neuem}, also ein schöpferischer Vorgang. Und dieser Übergang zwischen einer die Befehle
|
||||
ausführenden und einer lernenden Maschine ist wohl die Grenze, ab der die Maschinen
|
||||
\textit{intelligent} werden.
|
||||
|
||||
Wie weit die künstliche Intelligenz reicht oder reichen kann, lässt sich noch nicht sagen. Wir haben
|
||||
noch keine Roboter, die malen, Romane oder Lieder schreiben oder physikalische Gesetze entdecken. Wie
|
||||
am Beispiel mit dem neuronalen Netz gezeigt wurde, geht es bei maschinellem Lernen um das Erkennen
|
||||
bestimmter Muster in der Eingabedaten. Falls so ein Muster tatsäschlich erkannt wurde, dann können anhand
|
||||
dessen auch neue Daten ausgewertet werden. Dem lernenden System geht es nicht um die Forschung oder die
|
||||
Suche nach der Wahrheit. Und hier ist es nicht mal wichtig, was Wahrheit ist, und ob es sie gibt. Wenn
|
||||
ein Schriftsteller schreibt, sehnt er oft aus dem tiefsten seines Herzens, seinen Lesern etwas
|
||||
mitzuteilen, seine Wahrheit zu verkünden. Auch ein Forscher kann von diesem Gefühl bewegt werden,
|
||||
selbst wenn seine Theorie sich später als falsch erweist, hat er versucht, etwas Wahres zu entdecken.
|
||||
Ein lernendes System hat überhaupt keinen Sinn für die Wahrheit. Es wurde programmiert, um Muster in
|
||||
den Daten zu erkennen und das tut es. Wenn ich weiß, wie ein System aufgebaut ist, kann ich es von
|
||||
vornherein mit manipulierten Daten füttern, sodass es etwas falsch lernt, und es wird sich nicht
|
||||
betrogen fühlen. Wobei ich zugeben muss, dass es auch einem Menschen passieren kann, dass er sich
|
||||
auf falsche, falsch ausgewählt Daten, stützt, und deswegen zu inkorrekten Ergebnissen gelangt.
|
||||
|
||||
Die Mustererkennung ist wichtig auch für das menschliche Überleben. Allerdings vermag der Mensch auch
|
||||
abstrakt zu denken. Es gibt zum Beispiel in der Natur keine Zahlen, es gibt nur abzählbare Gegenstände.
|
||||
Man muss sich von den einzelnen Gegenständen beziehungsweise ihrer endlichen Anzahl abstrahieren können,
|
||||
um auf die unendliche Menge von natürlichen Zahlen kommen. Diese Fähigkeit zum abstrakten Denken ist etwas,
|
||||
was den Menschen gegenüber den Maschinen immer noch auszeichnet.
|
||||
|
||||
\section{Grenzen der Anwendung von maschinellem Lernen}
|
||||
|
||||
Zwar ist die künstliche Intelligenz zum selbstständigen Lernen fähig, ist kein selbstständiges
|
||||
Lebewesen wie der Mensch, sondern nur ein Instrument unter vielen anderen.
|
||||
|
||||
Nehmen wir an, wir wollen quadratische Gleichungen in der Normalform lösen:
|
||||
|
||||
\begin{equation}
|
||||
x^2 + px + q = 0
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
Dafür beabsichtigen wir ein Programm zu schreiben, das die 2 Parameter, $p$ und $q$, als
|
||||
Eingabewerte annimmt und die Gleichung nach $x$ auflöst. Man kann diese Aufgabe durchaus mithilfe der
|
||||
künstlichen Intelligenz lösen. Wir entwerfen ein neuronales Netz, das zwei Neuronen in der
|
||||
Eingabeschicht und zwei in der Ausgabeschicht hat. Dann lösen wir einige Tausende solcher Gleichungen
|
||||
selbst und übergeben die Eingaben und die Lösungen dem Netz, damit es aus diesen Daten lernen kann.
|
||||
Dann testen wir, ob das Netz nun selbst richtige Antworten produzieren kann. Wenn es nicht der Fall
|
||||
sein soll, bereiten wir weitere Angaben und Lösungen vor. Irgendwann haben wir das neuronale Netz
|
||||
ausreichend trainiert, sodass es jetzt selbst solche Gleichungen lösen kann.
|
||||
|
||||
Eigentlich wissen wir aber, wie man eine quadratische Gleichung löst. Genauso gut könnten wir den folgenden
|
||||
Algorithmus in einem Programm implementieren:\autocite[Vgl.][10f]{lothar:math}
|
||||
|
||||
\begin{enumerate}
|
||||
\item Berechne die Diskriminante $D$:
|
||||
\begin{equation}
|
||||
D = {(p/2)}^2 - q
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
\item Wenn $D \geq 0$ ist, gibt es zwei reelle Lösungen:
|
||||
\begin{equation}
|
||||
x_{1/2} = -\frac{p}{2} \pm \sqrt{D}
|
||||
\end{equation}
|
||||
|
||||
\item Wenn $D < 0$ ist, gibt es zwei konjugiert komplexe Lösungen:\autocite[Vgl.][676]{lothar:math}
|
||||
\begin{equation}
|
||||
x_{1/2} = -\frac{p}{2} \pm j \cdot \sqrt{\left|D\right|}
|
||||
\end{equation}
|
||||
\end{enumerate}
|
||||
|
||||
Der Aufwand, dieses Programm, zu schreiben ist viel geringer als die Variante mit der künstlichen
|
||||
Intelligenz. Was noch viel wichtiger für ein Programm, das mathematische Berechnungen durchführt, ist,
|
||||
ist, dass wir wissen, dass, wenn der Algorithmus korrekt implementiert ist, er richtige Ergebnisse
|
||||
liefert. Im Falle des neuronalen Netzes ist es nicht so. Wenn das neuronale Netz komplex genug ist,
|
||||
können wir nicht mehr nachvollziehen, wie eine bestimmte Berechnung durchgeführt wird, das heißt, wir
|
||||
können nicht überprüfen, ob der Algorithmus für alle Paare $p$ und $q$ das richtige Ergebnis liefert.
|
||||
Für die Anwendungsfelder des maschinellen Lernens ist eine solche Genauigkeit auch nicht unbedingt
|
||||
erforderlich. Wenn ein soziales Netzwerk setzt künstliche Intelligenz ein, um gezielte Werbung
|
||||
anzuzeigen, dann ist es durchaus vorteilhaft, wenn die Werbung den Nutzer anspricht, aber es ist immer
|
||||
noch zulässig, wenn die Wahl der Werbung nicht optimal ist. Es genügt, wenn die Werbung
|
||||
\textit{interessant genug} für den Nutzer ist, oder dass ein gewisser Profit durch sie erreicht wird.
|
||||
|
||||
Künstliche Intelligenz ist keine universelle Lösung für alle Probleme. Sie ist sehr nützlich für
|
||||
die Auswertung von großen Mengen an Daten und für die Suche nach Mustern in diesen, aber ist noch
|
||||
nicht fähig abstrakte, e\@.g\@. mathematische Probleme zu lösen.
|
||||
|
||||
\section{Fazit}
|
||||
|
||||
Über viele Fragen lässt es heute nur spekulieren. Können die Maschinen alle Tätigkeiten ausüben, die
|
||||
die Menschen ausüben? Sind sie eine neue Evolutionsstufe, sodass sie die Menschen eines Tages
|
||||
verdrängen und überflüssig machen? Oder werden die Maschinen und Menschen weiterhin friedlich
|
||||
coexistieren? Einige Autoren versuchen bereits diese Fragen zu beantworten. Ich wage heute noch nicht,
|
||||
auf sie eine Antwort zu geben. Schließlich ist die Entwicklung der Wissenschaft und der Technik
|
||||
auch von einer Reihe von sozialen, politischen und wirtschaflichen Faktoren mitbestimmt.
|
||||
|
||||
Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen ist ein junges Konzept, dem viel Aufmerksamkeit von
|
||||
verschiedenen Siten geschenkt wird. Die Technik und Informatik sind daran interessiert, weil es ermöglicht
|
||||
neue, selbst „denkende“ Programme zu schreiben; Naturwissenschaften hoffen durch künstliche
|
||||
auch die menschliche Intelligenz besser zu verstehen; man sieht auch Potenzial, den Menschen noch mehr
|
||||
vom Last der Arbeit zu befreien, aber man warnt auch vor den Gefahren der Verselbständigung der
|
||||
Computertechnik oder deren Missbrauch. Naturwissenschaftliche Forschung hatte schon fatale Folgen, sie
|
||||
ermöglichte zum Beispiel eines Tages die Erschaffung der Atomwaffen, was vielen unschuldigen Menschen
|
||||
ihr Leben kostete. Doch sie hat auch einen soliden Beitrag zur modernen Medizin und Technik geleistet,
|
||||
auf die wir uns jeden Tag verlassen. Um die künstliche Intelligenz scheint es ähnlich zu stehen: Es ist
|
||||
ein kontroverses Thema.
|
@@ -14,8 +14,6 @@
|
||||
<link rel="icon" type="image/png" href="/assets/images/favicon.svg">
|
||||
<link href="/assets/css/styles.css?v=1" rel="stylesheet">
|
||||
<link href="/assets/css/custom.css?v=2" rel="stylesheet">
|
||||
|
||||
$partial("_includes/scripts.html")$
|
||||
</head>
|
||||
|
||||
<body>
|
||||
|
Reference in New Issue
Block a user