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date: 2017-05-09 00:00:00
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tags: Aufsatz
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title: Technikkonzept von Ernst Kapp
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teaser:
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<p>Zwar begleiten die technischen Erfindungen den Menschen schon seine ganze Geschichte, angefangen mit einem
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Schlagstein, der als Prototyp für einen Hammer diente, über die Dampfmaschine, den Telegrafen, bis zu
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Rechenmaschinen und Computern, hat man erst vor kurzem angefangen über die Technik systematisch
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nachzudenken. Das mag daran liegen, dass die technische Entwicklung seit der Industrialisierung ganz neue
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Maßstäbe angenommen hat. Eines der ersten Werke, das sich ausführlich mit dem Wesen der Technik
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beschäftigt, ist wohl „Grundlinien einer Philosophie der Technik“ von Ernst Kapp aus dem Jahre
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1877, „sein bis heute als grundlegendes Werk der Technikphilosophie geltendes Buch“.</p>
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<h3>Einleitung</h3>
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<p>Eines der wichtigsten Merkmale unserer Zeit ist die Technisierung vieler Bereiche unseres alltäglichen
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Lebens. „Das technische Zeitalter“ kann man über unsere Tage sagen hören. Als solche ist die
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Technik nichts Neues, wenn auch die Technik des letzten Jahrhunderts ganz anderer Art, als das, was man
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vorher kannte. Es gibt sie dennoch mehr als hundert Jahre, vielleicht gab es sie schon immer. Vielleicht
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ist die Fähigkeit aus der Natur Erkenntnisse zu gewinnen und dann anhand derer etwas zu erfinden, etwas
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was einen Menschen eigentlich ausmacht.</p>
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<p>Desto interessanter wird es, über die Technik und Technisierung nachzudenken. Was ist sie nun?
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Die Frage nach der Technik ist eine philosophische Frage, weil es vor allem die Philosophie ist, die
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nach der Washeit der Dinge und der Möglichkeitsbedingungen fragt: Was ist der Mensch? Was macht einen
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Menschen aus? Was ist und warum eigentlich Technik, was macht sie möglich?</p>
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<p>Die philosophische Natur ist auch aus der Überlegung einsehbar, dass viele Fragen,
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die mit der Technik verbunden sind, gar nicht durch das technische Denken selbst beantwortbar sind, sondern
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einer Reflexion bedürfen, die über das Technische hinausgeht. Selbst wenn jemand behaupten würde, dass die
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Technik nur aus sich heraus erklärt werden könne und müsse und keine weitere Rechtfertigung oder Würdigung
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nötig habe, wäre das eine Behautpung, die die Grenzen des Technischen überschreitet.</p>
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<p>Zwar begleiten die technischen Erfindungen den Menschen schon seine ganze Geschichte, angefangen mit einem
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Schlagstein, der als Prototyp für einen Hammer diente, über die Dampfmaschine, den Telegrafen, bis zu
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Rechenmaschinen und Computern, hat man erst vor kurzem angefangen über die Technik systematisch
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nachzudenken. Das mag daran liegen, dass die technische Entwicklung seit der Industrialisierung ganz neue
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Maßstäbe angenommen hat. Eines der ersten Werke, das sich ausführlich mit dem Wesen der Technik
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beschäftigt, ist wohl „Grundlinien einer Philosophie der Technik“ von Ernst Kapp aus dem Jahre
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1877, „sein bis heute als grundlegendes Werk der Technikphilosophie geltendes
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Buch“<sup id="cite_ref-1" class="reference"><a href="#cite_note-1">1</a></sup>.</p>
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<p>140 Jahre sind seit dem Erscheinen des Buches vergangen und die Entwicklung bleibt nicht stehen. Und überhaupt
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ist die rasche Entwicklung eines der wichtigsten Merkmale der heutigen Technisierung. Ältere Leute haben oft
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Probleme mit dem Bedienen des Computers oder Handys, weil sie in einem ganz anderen Umfeld aufgewachsen sind und
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das „Checken der E-Mails“ und die Abgabe der Steuererklärung online ihnen fremd ist.
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Selbst Menschen, die sich beruflich mit den modernen Technologien beschäftigen, können die technische Entwicklung
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nicht mehr einholen. In 90er-Jahren gab es noch den Begriff „Webmaster“. Ein Webmaster befasste sich
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mit der Entwicklung, Gestaltung, Verwaltung von Websites. Heute wird der Begriff kaum noch verwendet.
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Stattdessen gibt es Frontend- und Backend-Programmierer, Designer, SEO-Spezialisten (Search Engine
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Optimization — Suchmaschinenoptimierung), Server-Administratoren.
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Man spricht noch vom „Full-stack developer“, darunter wird aber jemand verstanden, der sowohl
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die Frontend- als auch Backend-Programmierung macht, es ist jedoch keineswegs der alles könnende Webmaster.
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Die Fülle an Technologien und Aufgaben hat zur Spezialisierung und Auskristallisierung neuer Berufsfelder
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geführt. Und dieser Prozess fand innerhalb einer Generation statt.</p>
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<p>Auf der anderen Seite beschäftigt sich die Philosophie in meinem Verständnis mit den ewigen Fragen.
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Die Umstände, der Kenntnisstand ändern sich, aber die Fragen nach dem, was das Sein ist, was die Erkenntnis
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zu leisten vermag, wie der Mensch zu handeln hat, bleiben. Es wäre also nicht uninteressant zu schauen,
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ob unsere Vorstellung von der Technik sich in hundert Jahren kardinal gewandelt hat, oder ob Kapp zu
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Erkenntnissen gelangte, die auch noch für uns und vielleicht unsere Nachfahren nicht von einer bloß
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geschichtlichen Bedeutung sind.</p>
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<h3>Technik und Kultur</h3>
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<div class="epigraph">
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<section>
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<p>Noch steht die Menschheit in den Kinderschuhen ihrer Kultur oder in den Anfängen der technischen
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Gleise, die sich der Geist selbst zu seinem Voranschreiten zu legen
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hat.<sup id="cite_ref-2" class="reference"><a href="#cite_note-2">2</a></sup></p>
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</div>
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<p>
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„Grundlinien einer Philosophie der Technik“ hat noch einen Untertitel: „Zur
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Entstehungsgeschichte der Kultur aus neuen Gesichtspunkten“. Die Technik ist also nicht
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bloß ein Mittel zum Zweck, sie hat etwas mit der Entstehung der Kultur zu tun. Wenn man bedenkt,
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dass die Kultur ein Werk des menschlichen Schaffens ist, ist es auch verständlich, dass die Technik
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ein Teil der Kultur ist. Technische Artefakte haben ihre eigene Geschichte und sie haben schon immer
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die Lebensweise der Menschen stark beeinflusst. Man denke nur an den Buchdruck, der viel mehr Menschen
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den Zugang zu Büchern ermöglichte, dadurch, dass die aufwendige Arbeit des Abschreibens von Maschinen
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ersetzt werden konnte. Kapps Überzeugung ist aber, dass die Technik nicht ein Aspekt der Kultur ist,
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sondern, dass sie konstituieren für das Entstehen der Kultur ist: „Der Anfang der Herstellung
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technischer Gegenstände ist der Begin des Kulturwesens
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Mensch.“<sup id="cite_ref-3" class="reference"><a href="#cite_note-3">3</a></sup></p>
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<p>Wie ist das zu verstehen? Klaus Kornwachs stellt erstmal fest, dass der Umgang mit der Technik nicht von
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der Technik selbst vollständig determiniert ist, sondern dass „verschiedene Nationen und verschiedene
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Kulturkreise unterschiedlich mit Technik umgehen und unterschiedliche Techniklinien und
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Organisationsformen hervorgebracht und zuweilen auch wieder aufgelöst
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haben“<sup id="cite_ref-4" class="reference"><a href="#cite_note-4">4</a></sup></p>
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<p>Die Technik wird dadurch ermöglicht, dass der Mensch die Gesetze der Natur sich zunutze machen kann.
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Die physikalischen Gesetze sind aber für alle gleich. Wie kommt es, dass verschiedene Zivilisationen
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nicht die gleiche Technik bauen oder, dass sie die gleiche Technik nicht auf dieselbe Weise nutzen?
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Um diese Frage zu beantworten, macht Kornwachs die Unterscheidung zwischen zwei Arten
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technologischer Funktionalität. Die technologische Funktionalität der ersten Art ist diejenige,
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„deren physikalische Wirksamkeit und technische Brauchbarkeit invariant gegenüber der
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kulturellen Ausprägung der organisatorischen Hülle
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sind“<sup id="cite_ref-5" class="reference"><a href="#cite_note-5">5</a></sup>
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Als Beispiele nennt Kornwachs Regelkreise, Hebel, Kraftmaschinen
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usw.<sup id="cite_ref-6" class="reference"><a href="#cite_note-6">6</a></sup>
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Was ist die organisatorische Hülle? „Die organisatorische Hülle einer Technik umfasst alle
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Organisationsformen, die notwendig sind, um die Funktionalität eines technischen Artifakts überhaupt ins
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Werk setzen zu können.“<sup id="cite_ref-7" class="reference"><a href="#cite_note-7">7</a></sup>
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Eben so eine organisatorische Hülle
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„konstituiert <em>eine technologische Funktion zweiter Art</em>,
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[…]“<sup id="cite_ref-8" class="reference"><a href="#cite_note-8">8</a></sup>
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Kornwachs erklärt diese am Beispiel eines Autos, dessen
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„organisatorische Hülle das gesamte System vom Straßenverkehrsnetz über die Proliferationssysteme für
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Treibstoff und Ersatzteile bis hin zu den rechtlichen Regelungen, […],
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[umfasst]“.<sup id="cite_ref-9" class="reference"><a href="#cite_note-9">9</a></sup></p>
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<p>Aber nicht nur die organisatorische Hülle regelt, wie die Technik eingesetzt wird; auch die Technik prägt
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die organisatorischen Hüllen: „Es ist offenkundig, dass die organisatorische Umgestaltung unserer
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Zivilisation durch die Informations- und Kommunikationstechnologien keine dieser organisatorischen
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Hüllen umberührt lässt.“<sup id="cite_ref-10" class="reference"><a href="#cite_note-10">10</a></sup></p>
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<p>Die Kernthese der „Grundlinien einer Philosophie der Technik“ ist, dass es sich bei
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allen technischen Gegenständen um die Projektion menschlicher Organe geht. Selbst wenn der Mensch
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keine tiefen Erkenntnisse über den Bau seines Körpers hat, projeziert er ihn unbewusst in die von
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gemachten Artefakte, „[i]st demnach der Vorderarm mit zur Faust geballter Hand oder mit deren
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Verstärkung durch einen fassbaren Stein der natürliche Hammer, so ist der Stein mit einem Holzstiel
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dessen einfachste künstliche
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Nachbildung“.<sup id="cite_ref-11" class="reference"><a href="#cite_note-11">11</a></sup> Es ist nicht ungewöhnlich
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zwischen der Technik und den menschlichen Organen und zwischen der Funktionsweise der Technik
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und derselben des Organismus Analogien zu bilden. Genauso wie den Vorderarm mit zur Faust geballter Hand
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kann man mit einem Hammer vergleichen, kann man zum Beispiel den Computer mit dem Gehirn vergleichen, weil
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die Computer viele Operationen wie das Rechnen sogar viel effizienter als das menschliche
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Gehirn durchüfhren können. Bei Kapp geht es aber nicht nur um Ähnlichkeiten und Analogien. Vielmehr
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behauptet er, dass die Menschen ihren Organismus und seine Funktionen in die Technik projizieren, sodass
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wenn der Organismus anders aufgebaut wäre, anders funktionieren würde, würde auch die Technik
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ganz anders aussehen. Und das beansprucht er für alle technischen Gegenstände
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ausnahmslos.<sup id="cite_ref-12" class="reference"><a href="#cite_note-12">12</a></sup></p>
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<h3>Selbsterkenntnis</h3>
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<p>Die Organprojektion ist nicht nur der Gegenstand der Technikphilosophie, sondern auch der
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Erkenntnistheorie. Die Produktion der Artefakte ist Art und Weise, wie der Mensch die Natur
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und sich selbst erkennt. Da der Mensch seinen Organismus in die Technik projeziert und die
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Technik demzufolge Merkmale dieses Organismus hat, kann er aus der von ihm erschaffenen Technik
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sich selbst erkennen. Ein Hammer sieht nicht nur äußerlich dem Arm ähnlich, er hat auch
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strukturelle Ähnlichkeiten mit diesem. Ein Hammer besteht aus zwei Teilen: einem Stiel und
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einem Kopf. Der untere Teil des Armes besteht genauso aus dem Unterarm, an den die Hand
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angeschlossen ist. In der Technik erkennt man dann wieder die Eigenschaften, die man in sie
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projeziert hat und erkennt auf diese Weise sich selbst. „Zentrum und Ziel allen Weltgeschehens
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ist in Kapps Denken die stetig sich vergrößernde Selbsterkenntnis des Menschen. Die technischen
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Artefakte sind Vehikel dieser Selbsterkenntnis:
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[…].“<sup id="cite_ref-13" class="reference"><a href="#cite_note-13">13</a></sup></p>
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<p>So wird der Mensch zum „Maß der Dinge“<sup id="cite_ref-14" class="reference"><a href="#cite_note-14">14</a></sup>,
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weil alles, was
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er in die Welt setzt, aus ihm selbst entsprungen ist. Es gibt auch keine andere Quelle der
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Erkenntnis als der Mensch selbst.<sup id="cite_ref-15" class="reference"><a href="#cite_note-15">15</a></sup></p>
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<blockquote>
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<p>Die Welt der Technik leitet demnach einen Selbstreflexionsprozeß ein, da sie zum einen
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bestimmte Entwicklungsstufe des Menschen erfahrbar mache, zum anderen jedoch auch auf das verweise, was den
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Menschen möglich sei.<sup id="cite_ref-16" class="reference"><a href="#cite_note-16">16</a></sup></p>
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</blockquote>
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<p>Eine andere Komponente, die die Seblsterkenntnis kennzeichnet, ist die Sprache, weil „[d]ie Sprache
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sagt, welche Dinge sind und was sie sind,
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[…]“<sup id="cite_ref-17" class="reference"><a href="#cite_note-17">17</a></sup>. Und sie ist auch ein
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Produkt der Organprojektion. Kapp behauptet, dass die Bezeichnungen für die Gegenstände
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aus der Tätigkeit der Organe entstanden seien. So habe das Wort <em>Mühle</em>
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seine Wurzel im indoeuropäischen <em>mal</em> oder <em>mar</em>, was soviel wie „mit den Fingern
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zerreiben“ oder „mit den Zähnen zermalmen“ bedeutet
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habe.<sup id="cite_ref-18" class="reference"><a href="#cite_note-18">18</a></sup></p>
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<h3>Terminus „Technik“</h3>
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<p>Hier wird es deutlich, dass es Kapp nicht bloß um den Einfluss der Technik auf die Kultur geht, vielmehr
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ist die Technik dasjenige, was die gesamte menschliche Kultur bildet. „Die Technik ist das erste
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Kulturereignis. Der Anfang der Herstellung technischer Gegenstände ist der Beginn des Kulturwesens
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Mensch.“<sup id="cite_ref-19" class="reference"><a href="#cite_note-19">19</a></sup></p>
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<p>Um diese These zu verstehen, muss man untersuchen, was Kapp meint, wenn er das Wort
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„Technik“ verwendet. Mit der Entwicklung der Technik entwickelt sie auch die
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Sprache. Wenn ich heute „Technik“ sage, dann meine ich meistens Computertechnik
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oder zumindest irgendeine Maschine, ein Auto, ein Lüftungssystem und dergelichen. Wenn ich über
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Werkzeuge in meinem Werkzeugkasten spreche, dann sage ich nicht unbedingt „Technik“
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von jenen, es sei denn ich habe elektrische Werkzeuge da, wie ein Elektroschrauber oder eine
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Bohrmaschine. Es mag eine Zeit gegeben haben, in der eine Handsäge eine technische
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Errungenschaft darstellte. Heute gehört sie aber mehr zur Klasse der Werkzeuge. Das heißt man
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unterscheidet meistens in der heutigen Umgangssprache zwischen der Technik und den Werkzeugen.</p>
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<p>Es ist überhaupt schwierig, eine Definition der Technik zu entwickeln, die man verwenden könnte,
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um zwischen technischen Gegenständen und übrigen zu differenzieren. Ich habe vorher von
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den von Menschenhand geschaffenen Gegenständen als von der Technik gesprochen. Aber zählt ein
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gemaltes Bild zur Technik? Wohl eher nicht. Es ist Kunst. Ist ein technischer Gegenstand keine Kunst?
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Man würde meinen: Nein. Der Ingenieur, der Monate verbracht hat, es zu entwerfen und zu konzepieren,
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könnte dem widersprechen. Die Technik hat noch eine weitere Eigenschaft, dass sie einen Nutzen hat.
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Allerdings auch die Kunst hat für viele Menschen einen ästhetischen Nutzen. Man kann den
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„Begriff“ auf die eine oder andere Weise definieren, aber eine solche Definition wäre
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meines Erachtens der Umgangssprache nicht gerecht und würde nicht alle Anwendungsfälle decken.</p>
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<p>Wenn man zu diesem Begriff von einer anderen Seite kommt, kann man zwischen zwei Bedeutungen dessen
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unterscheiden. Zu einem bezeichnet man Gegenstände als Technik: ein Videorecorder ist Technik, ein
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Fernseher ist Technik. Zum anderen spricht man von erlernten Fähigkeiten als von den Techniken. In
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diesem Sinne gibt es Maltechniken, Kampftechniken, Lerntechniken und andere Techniken. Der Begriff
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hat also noch eine funktionale Seite.</p>
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<p>Kapp hat diese Vielfalt des Technischen in seine Philosophie aufgenommen. Es war vorhin davon die
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Rede, dass der Mensch seinen Organismus in die Technik projiziert, und bei den ersten Werkzeugen
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sieht man gewisse Ähnlichkeit mit den Organen. Aber auch der Umstand, dass die Technik mit einer
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Funktion verbunden ist (dass sie eine Fähigkeit bezeichnen kann), ist ihm nicht entgangen.
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„An die Stelle der Ähnlichkeit, welche die äußere Gestalt der Organe des Menschen mit deren
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gegenständlichen Projekten besitzt, tritt im Fortgang der Entwicklung technischer Gegenstände bis
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hin zur Maschine vielmehr die Projektion des organischen
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Funktionsbildes, […]“<sup id="cite_ref-20" class="reference"><a href="#cite_note-20">20</a></sup>
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Man hat versucht Kapps Theorie
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zu widerlegen, indem man nach Artefakten gesucht hat, die keine Ähnlichkeiten mit irgendeinem
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Organ aufweisen: das Rad<sup id="cite_ref-21" class="reference"><a href="#cite_note-21">21</a></sup> oder das künstliche
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Licht<sup id="cite_ref-22" class="reference"><a href="#cite_note-22">22</a></sup>.</p>
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<p>Das war auch für Kapp offensichtlich, dass nicht alle Werkzeuge und Maschinen äußere Ähnlichkeiten
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aufweisen. Vielmehr entfernt sich die Technik im Prozess ihrer Entwicklung von ihrem
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ursprünglichen Vorbild. Kapp spricht zum Beispiel von „vergeistigsten“, die eher
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den menschlichen Geist projizieren als seinen Körper. So heißt es von dem Werkzeug der Kommunikation,
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der Sprache:</p>
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<blockquote>
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<p>In der Sprache hört der Unterschied von Kunstwerk und Werkzeug, der sonst durchweg feststeht,
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ganz auf. Indem sie erklärt, was sie selbst ist, übt sie gerade das aus, was sie erklären will. Mithin
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ist sie das Werkzeug, sich als ihr eigenes Werkzeug zu begreifen, also ein vergeistigstes Werkzeug,
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Spitze und Vermittlung zugleich der absoluten Selbstproduktion des
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Menschen.<sup id="cite_ref-23" class="reference"><a href="#cite_note-23">23</a></sup></p>
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</blockquote>
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<p>Die „Spitze“ der Organprojektion sind gar nicht die technischen Artefakte, sondern das
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gesamte kulturelle Reichtum, dass der Mensch um sich schafft. Nur ist diese kulturelle Bereicherung
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ohne Technik nicht möglich. Außer dass Kapp verschiedene Bedeutungen der Technik in seine Theorie
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aufnimmt, breitet er diesen Begriff so weit aus, dass er auf jegliche Errungenschaft das Menschen
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angewendet werden kann. Solche Verwendung des Begriffes „Technik“ mag zunächst
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befremdend erscheinen, aber sie ist unserer Sprache auch nicht vollkommen fremd, denn wir
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instrumentalisieren auch geistige Prozesse und sprechen von der Sprache als dem
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<em>Werkzeug</em> der Kommunikation oder der Logik als dem <em>Werkzeug</em> des Denkens.</p>
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<h3>Kapps Menschenbild</h3>
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<p>Zwar projiziert sich der Mensch immer in die Technik, aber dieser Prozess wird nie abgeschlossen. Es
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gibt immer eine unendliche Kluft zwischen der Natur und dem Mechanismus.</p>
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<blockquote>
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<p>[…]; der Mechanismus, durch Zusammensetzung von außen zustande gebracht, ist eine „Mache“
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der Menschenhand. Der Organismus ist wie die gesamte Welt <em>natura</em>, ein Werdendes, der
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Mechanismus ist das gemachte Fertige; dort ist Entwicklung und Leben, hier Komposition und
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Lebloses.<sup id="cite_ref-24" class="reference"><a href="#cite_note-24">24</a></sup></p>
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||||
</blockquote>
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<p>Kapp ist kein Materialist und der Mensch ist für ihn kein rein materielles Wesen. Anstatt von der Materie
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und dem Geist zu sprechen, spricht Kapp von der Psychologie und der Physiologie, zwei Gegensätze die die
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menschliche Natur in sich vereinigt. Allerdings ist auch keine Trennung dieser zwei Bestandteile möglich.
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Man kann auch nicht sagen, dass das eine wichtiger oder wesentlicher wäre als das andere Wäre, wie es zum
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Beispiel Descartes sieht<sup id="cite_ref-25" class="reference"><a href="#cite_note-25">25</a></sup>.
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Der Mensch ist nur als ein Ganzes möglich und
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denkbar: „Psychologie und Physiologie haben lange genug fremd gegen einander getan,
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||||
[…]“<sup id="cite_ref-26" class="reference"><a href="#cite_note-26">26</a></sup>.
|
||||
Auch das kulturelle Gut und die Technik sind nicht sekundär,
|
||||
obwohl es auf den ersten Blick scheint, als ob die menschliche Existenz auch ohne diese denkbar wäre,
|
||||
weil sie erst ein Produkt seiner geistigen Aktivität sind. „Einerseits sollen die natürlichen
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||||
Organe das Vorbild aller mechanischen Objekte und Ensembles sein, andererseits lässt sich erst durch
|
||||
deren Strukturen und Funktionen das Wesen der Organe
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||||
erkennen.“<sup id="cite_ref-27" class="reference"><a href="#cite_note-27">27</a></sup></p>
|
||||
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<h3>Kritik</h3>
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<p>Ganz am Anfang klingt Kapps Theorie sehr plausibel. Bei einfachen Werkzeugen kann man das sich sehr gut
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vorstellen, dass der Mensch seine Organe als Muster für die Werkzeuge benutzt hat. Vor allem, weil die
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||||
eigene körperliche Kraft nicht ausgereicht hat, musste man einen Weg finden, zu kompensieren, anders
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||||
gesagt, man musste seine natürlichen Organe verlängern und verstärken.</p>
|
||||
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||||
<p>Allerdings mit dem Fortschritt der Technologie wird, wenn die direkte Analogie zwischen dem Organ und
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dem Produkt der Menschenhand zu schwanken beginnt, fällt es einem immer schwerer, an die
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Organprojektion als eine universelle Theorie zu glauben.</p>
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<p>Es liegt in der Natur des Menschen, seine Umwelt immer weiter zu gestalten, und seine Werkzeuge und
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||||
Maschinen weiter zu entwickeln. Und auch schwere Maschinen helfen dem Menschen, schwere Arbeiten
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||||
auszuführen, die er sonst mit seinen eigenen Organen verrichten sollte. Deswegen können auch sie
|
||||
als Projektion menschlicher Organe und ihrer Funktionen betrachtet werden. Allerdings wenn Kapp
|
||||
Beispiele wie „[d]as Netz der Blutgefäße als organisches Vorbild des
|
||||
Eisenbahnsystems“<sup id="cite_ref-28" class="reference"><a href="#cite_note-28">28</a></sup> einführt,
|
||||
stellt sich die Frage, wie es zu überprüfen ist. Kapp zwar besteht darauf, dass es nicht bloß das
|
||||
„Sinnbildliche der Allegorie“ ist, sondern „Sach- und Abbildliche der
|
||||
Projektion“<sup id="cite_ref-29" class="reference"><a href="#cite_note-29">29</a></sup> und versucht das
|
||||
argumentativ zu stützen<sup id="cite_ref-30" class="reference"><a href="#cite_note-30">30</a></sup>,
|
||||
kann seine Argumentation nicht als ein handfester Beweis gelten.</p>
|
||||
|
||||
<p>Die Hauptschwäche dieser Theorie ist ihre Überprüfbarkeit. Ich kann höchstens auf bestimmte
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Ereignisse oder Artefakte hinweisen und sie zum Vorteile der Theorie deuten, aber meine
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Behauptung lässt sich nicht empirisch überpfüfen. Ich kann nur versuchen sie plausibler als
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die Alternativen zu machen. Vor allem geschieht die Organprojektion nach Kapp
|
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<em>unbewusst</em> und weist sich erst im Nachhinein als solche aus. Und um den Ursprung und
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die Art unbewusster geistiger Vorgänge lässt sich nur spekulieren.</p>
|
||||
|
||||
<p>Des Weiteren war Kapp auf die Technik seiner Zeit beschränkt. Er konnte selbstverständlich
|
||||
nicht voraussehen, welche Herausforderungen die künftige Technik mit sich bringt, und ob die
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||||
Theorie entsprechend angepasst werden soll. Der Glaube an den Menschen als ein einzigartiges
|
||||
Geschöpf der Natur wird immer schwächer. Vielleicht ist er gar nicht so einzigartig, vielleicht
|
||||
kann man ihn nachbauen, vielleicht kann man das, was in seinem Kopf vorgeht, auf eine Reihe
|
||||
von Algorithmen reduzieren. Immer mehr Menschen glauben, dass es sehr bald möglich sein wird.
|
||||
Für Kapp war der Mensch noch der einzige Schöpfer seiner Technik:</p>
|
||||
|
||||
<blockquote>
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<p>Niemals ist aber bei irgendeiner Maschine die Menschenhand völlig aus dem Spiele; denn auch
|
||||
da wo ein Teil des Mechanismus sich gänzlich ablöst, wie der Pfeil, die Gewehrkugel, die dem
|
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Schiffbrüchigen die rettende Leine überbringende Rakete, ist die Abweichung nur vorübergehend und
|
||||
scheinbar.<sup id="cite_ref-31" class="reference"><a href="#cite_note-31">31</a></sup></p>
|
||||
</blockquote>
|
||||
|
||||
<p>Die Technik, die immer menschlicher wird, macht darüber nachdenklich, ob der Mensch diesen Status
|
||||
für die gesamte Zeit seiner Geschichte behalten kann. Andererseits das Sprechen über die Maschinen,
|
||||
die man von einem Menschen nicht mehr unterscheiden kann, ist auch nur noch eine Spekulation. Und
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es ist meines Erachtens noch zu früh, sie als ein Argument gegen Kapps Ansichten auszuspielen.
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Schließlich hat auch die höchste entwickelte Technik ihren Ursprung im Menschen und ist Folge
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seiner Leistung, wie es Kapp auch sagt. Das heißt, wenn eine Maschine ohne menschliche
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Teilnahme andere Maschinen produzieren kann, so wurde sie so konstruiert, um diese Aufgabe
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zu erfüllen. Es wird inzwischen über die Maschinen spekuliert, die auch geistige Leistungen
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des Menschen übernehmen können, die zum Beispiel selbst programmieren können, und so andere
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Maschinen hervorbringen, die nicht nur nach einem bestimmten Plan konstruiert sind, sondern
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tatsächlich neue Technik darstellen. Aber selbst in diesem Fall soll solche Intelligenz erstmal
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künstlich geschaffen werden, sie würde ihre Existenz immer noch dem Menschen verdanken. Das ist,
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denke ich, die Tatsache, auf die Kapp hinweisen wollte.</p>
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<p>Man darf auch nicht vergessen, dass obwohl wir Technik bauen und verwenden, darüber zu
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reflektieren, warum wir sie eigentlich brauchen und warum wir so bauen, wie wir sie bauen, keine
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einfache Aufgabe ist, die lückenlos gelöst werden kann. Deswegen verdient Kapps
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Theorie Aufmerksamkeit als ein möglicher Lösungsansatz.</p>
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<h3>Kapps Technikphilosophie in Anwendung auf die nachfolgende Geschichte der Technik</h3>
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<p>Das Kapitel, in dem Harald Leinenbach über die Rezeptionsgeschichte der Organprojektionstheorie spricht,
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nennt er „Die Grundlienien einer Philosophie der Technik“
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„Kapps mystisches Blendwerk“<sup id="cite_ref-32" class="reference"><a href="#cite_note-32">32</a></sup>,
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womit er eindeuten will wie das Werk meistens rezepiert wurde.
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||||
„Dabei finden sich Erwähnungen der Organprojetionstheorie meist bloß in knappen
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Randbemerkungen. Kapps Technikphilosophie ist nirgends aufgenommen, geschweige denn konstruktiv
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weitergeführt worden.“<sup id="cite_ref-33" class="reference"><a href="#cite_note-33">33</a></sup>
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||||
Als Grund gibt Leinenbach an, dass
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Kapp von seinen Gegnern immer misßverstanden wurde, dass man seine Theorie nicht zu Ende denkt, sondern
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sich „hauptsächlich am Organprojektionsstatus der technischen
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Gegenstände“<sup id="cite_ref-34" class="reference"><a href="#cite_note-34">34</a></sup> aufhält, und
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||||
sobald man eine Maschine findet, die äußerlich dem menschlichen Organismus nicht ähnlich ist, hört
|
||||
man auf und lehnt die Theorie als unzureichend ab. Dazu kommen noch Begriffe wie das Unbewusste, mit
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||||
denen Kapp gearbeitet hat.<sup id="cite_ref-35" class="reference"><a href="#cite_note-35">35</a></sup> Besonders in der Zeit, in der die
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||||
künstliche Intelligenz entwickelt wird, scheint die Hoffnung zu wachsen, das Unbewusste aus der Welt
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zu schaffen, und alles Menschliche ohne Rest technisch reproduzieren zu können.</p>
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</section>
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<footer>
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<ol class="references">
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<li id="cite_note-1">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-1">^</a>
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<span>
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||||
Harun Maye und Leander Scholz. <i>Einleitung</i>.
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||||
In: Ernst Kapp. <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik.
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||||
Zur Entstehungsgeschichte der Kultur aus neuen Gesichtspunkten</i>.
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||||
Hrsg. und komm. von Harun Maye und Leander Scholz.
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||||
Hamburg, 2015, S. VII–XLIV, S. VIII.
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</li>
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<li id="cite_note-2">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-2">^</a>
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<span>
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||||
Ernst Kapp. <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik.
|
||||
Zur Entstehungsgeschichte der Kultur aus neuen Gesichtspunkten</i>.
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||||
Hrsg. und komm. von Harun Maye und Leander Scholz. Hamburg, 2015, S. 309.
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</span>
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</li>
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<li id="cite_note-3">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-3">^</a>
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<span>
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||||
Harald Leinenbach. <i>Die Körperlichkeit der Technik.
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||||
Zur Organprojektionstheorie Ernst Kapps</i>. Essen, 1990, S. 7.
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</li>
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<li id="cite_note-4">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-4">^</a>
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<span>
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||||
Klaus Kornwachs. <i>Philosophie der Technik. Eine Einführung</i>. München, 2013,
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||||
S. 22.
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<li id="cite_note-5">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-5">^</a>
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||||
<span>Ebd., S. 22.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-6">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-6">^</a>
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<span>Vgl. ebd., S. 22.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-7">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-7">^</a>
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||||
<span>Ebd., S. 23.</span>
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||||
</li>
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||||
<li id="cite_note-8">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-8">^</a>
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||||
<span>Ebd., S. 23.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-9">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-9">^</a>
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||||
<span>Ebd., S. 23.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-10">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-10">^</a>
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||||
<span>Ebd., S. 23.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-11">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-11">^</a>
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||||
<span>Kapp, <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik</i>, S. 52.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-12">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-12">^</a>
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||||
<span>Vgl. Leinenbach, <i>Die Körperlichkeit der Technik</i>, S. 7.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-13">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-13">^</a>
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||||
<span>
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||||
Susanne Fohler. <i>Techniktheorien.
|
||||
Der Platz der Dinge in der Welt des Menschen</i>. München, 2003, S. 36.
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</li>
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||||
<li id="cite_note-14">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-14">^</a>
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<span>
|
||||
Vgl. Kapp, <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik</i>, S. 73.
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</li>
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||||
<li id="cite_note-15">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-15">^</a>
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<span>
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||||
Vgl. ebd., S. 73.
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</li>
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||||
<li id="cite_note-16">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-16">^</a>
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||||
<span>
|
||||
Eduard Korte. <i>Kulturphilosophie und Anthropologie.
|
||||
Zum geistesgeschichtlichen Hintergrund Ernst Kapps.</i>
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||||
Hamburg, 1992, S. 10.
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||||
</span>
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</li>
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<li id="cite_note-17">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-17">^</a>
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<span>
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||||
Kapp, <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik</i>, S. 60.
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</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-18">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-18">^</a>
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||||
<span>Vgl. ebd., S. 57f.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-19">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-19">^</a>
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<span>
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||||
Leinenbach, <i>Die Körperlichkeit der Technik</i>, S. 7.
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</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-20">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-20">^</a>
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||||
<span>Ebd., S. 61.</span>
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||||
</li>
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||||
<li id="cite_note-21">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-21">^</a>
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||||
<span>Vgl. ebd., S. 84–86.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-22">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-22">^</a>
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||||
<span>Vgl. ebd., S. 88f.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-23">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-23">^</a>
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<span>
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||||
Kapp, <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik</i>, S. 248.
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</span>
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</li>
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<li id="cite_note-24">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-24">^</a>
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<span>
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||||
Ebd., S. 68.
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</span>
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</li>
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<li id="cite_note-25">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-25">^</a>
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<span>
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||||
Vgl. Emerich Coreth und Harald Schöndorf.
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||||
<i>Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts.</i>
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||||
3. Aufl. Stuttgart, Berlin und Köln, 2000, S. 43.
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</li>
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<li id="cite_note-26">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-26">^</a>
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<span>
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||||
Kapp, <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik</i>, S. 19.
|
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</span>
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</li>
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<li id="cite_note-27">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-27">^</a>
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<span>
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||||
Maye und Scholz, "Einleitung", S. XXXV-XXXVI.
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</span>
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</li>
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<li id="cite_note-28">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-28">^</a>
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<span>
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||||
Kapp, <i>Grundlinien einer Philosophie der Technik</i>, S. 121.
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</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-29">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-29">^</a>
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||||
<span>Vgl. ebd., S. 129.</span>
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</li>
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<li id="cite_note-30">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-30">^</a>
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||||
<span>Vgl. ebd., S. 129–130.</span>
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</li>
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||||
<li id="cite_note-31">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-31">^</a>
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||||
<span>Ebd., S. 64f.</span>
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</li>
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<li id="cite_note-32">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-32">^</a>
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<span>
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||||
Leinenbach, <i>Die Körperlichkeit der Technik</i>, S. 60.
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</span>
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</li>
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<li id="cite_note-33">
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||||
<a class="backlink" href="#cite_ref-33">^</a>
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<span>Ebd., S. 61.</span>
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</li>
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<li id="cite_note-34">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-34">^</a>
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<span>Ebd., S. 60f.</span>
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</li>
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<li id="cite_note-35">
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<a class="backlink" href="#cite_ref-35">^</a>
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<span>Vgl. ebd., S. 64.</span>
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</ol>
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</footer>
|
349
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||||
layout: post
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date: 2017-05-09 00:00:00
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||||
tags: Aufsatz
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||||
title: Technikkonzept von Ernst Kapp
|
||||
teaser:
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||||
<p>Zwar begleiten die technischen Erfindungen den Menschen schon seine ganze Geschichte, angefangen mit einem
|
||||
Schlagstein, der als Prototyp für einen Hammer diente, über die Dampfmaschine, den Telegrafen, bis zu
|
||||
Rechenmaschinen und Computern, hat man erst vor kurzem angefangen über die Technik systematisch
|
||||
nachzudenken. Das mag daran liegen, dass die technische Entwicklung seit der Industrialisierung ganz neue
|
||||
Maßstäbe angenommen hat. Eines der ersten Werke, das sich ausführlich mit dem Wesen der Technik
|
||||
beschäftigt, ist wohl „Grundlinien einer Philosophie der Technik“ von Ernst Kapp aus dem Jahre
|
||||
1877, „sein bis heute als grundlegendes Werk der Technikphilosophie geltendes Buch“.</p>
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||||
\section{Technik als Herausforderung für die Philosophie}
|
||||
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||||
Eines der wichtigsten Merkmale unserer Zeit ist die Technisierung vieler Bereiche unseres alltäglichen
|
||||
Lebens. „Das technische Zeitalter“ kann man über unsere Tage sagen hören. Als solche ist die
|
||||
Technik nichts Neues, wenn auch die Technik des letzten Jahrhunderts ganz anderer Art, als das, was man
|
||||
vorher kannte, ist. Es gibt sie dennoch mehr als hundert Jahre, vielleicht gab es sie schon immer. Vielleicht
|
||||
ist die Fähigkeit, aus der Natur Erkenntnisse zu gewinnen und dann anhand derer etwas zu erfinden, etwas
|
||||
was einen Menschen eigentlich ausmacht.
|
||||
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||||
Desto interessanter wird es, über die Technik und Technisierung nachzudenken. Was ist sie nun?
|
||||
Die Frage nach der Technik ist eine philosophische Frage, weil es vor allem die Philosophie ist, die
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||||
nach der Washeit der Dinge und der Möglichkeitsbedingungen fragt: Was ist der Mensch? Was macht einen
|
||||
Menschen aus? Was ist und warum eigentlich Technik, was macht sie möglich?
|
||||
|
||||
Die philosophische Natur ist auch aus der Überlegung einsehbar, dass viele Fragen,
|
||||
die mit der Technik verbunden sind, gar nicht durch das technische Denken selbst beantwortbar sind, sondern
|
||||
einer Reflexion bedürfen, die über das Technische hinausgeht. Selbst wenn jemand behaupten würde, dass die
|
||||
Technik nur aus sich heraus erklärt werden könne und müsse und keine weitere Rechtfertigung oder Würdigung
|
||||
nötig habe, wäre das eine Behautpung, die die Grenzen des Technischen überschreitet.
|
||||
|
||||
Zwar begleiten die technischen Erfindungen den Menschen schon seine ganze Geschichte, angefangen mit einem
|
||||
Schlagstein, der als Prototyp für einen Hammer diente, über die Dampfmaschine, den Telegrafen, bis zu
|
||||
Rechenmaschinen und Computern, hat man erst vor kurzem angefangen über die Technik systematisch
|
||||
nachzudenken. Das mag daran liegen, dass die technische Entwicklung seit der Industrialisierung ganz neue
|
||||
Maßstäbe angenommen hat. Eines der ersten Werke, das sich ausführlich mit dem Wesen der Technik
|
||||
beschäftigt, ist wohl „Grundlinien einer Philosophie der Technik“ von Ernst Kapp aus dem Jahre
|
||||
1877, „sein bis heute als grundlegendes Werk der Technikphilosophie geltendes
|
||||
Buch“\autocite[VIII]{maye:einleitung-kapp}.
|
||||
|
||||
140 Jahre sind seit dem Erscheinen des Buches vergangen und die Entwicklung bleibt nicht stehen. Und überhaupt
|
||||
ist die rasche Entwicklung eines der wichtigsten Merkmale der heutigen Technisierung. Ältere Leute haben oft
|
||||
Probleme mit dem Bedienen des Computers oder Handys, weil sie in einem ganz anderen Umfeld aufgewachsen sind und
|
||||
das „Checken der E-Mails“ und die Abgabe der Steuererklärung online ihnen fremd ist.
|
||||
Selbst Menschen, die sich beruflich mit den modernen Technologien beschäftigen, können die technische Entwicklung
|
||||
nicht mehr einholen. In 90er-Jahren gab es noch den Begriff „Webmaster“. Ein Webmaster befasste sich
|
||||
mit der Entwicklung, Gestaltung, Verwaltung von Websites. Heute wird der Begriff kaum noch verwendet.
|
||||
Stattdessen gibt es Frontend- und Backend-Programmierer, Designer, SEO-Spezialisten (Search Engine
|
||||
Optimization --- Suchmaschinenoptimierung), Server-Administratoren.
|
||||
Man spricht noch vom „Full-stack developer“, darunter wird aber jemand verstanden, der sowohl
|
||||
die Frontend- als auch Backend-Programmierung macht, es ist jedoch keineswegs der alles könnende Webmaster.
|
||||
Die Fülle an Technologien und Aufgaben hat zur Spezialisierung und Auskristallisierung neuer Berufsfelder
|
||||
geführt. Und dieser Prozess fand innerhalb einer Generation statt.
|
||||
|
||||
Auf der anderen Seite beschäftigt sich die Philosophie in meinem Verständnis mit den ewigen Fragen.
|
||||
Die Umstände, der Kenntnisstand ändern sich, aber die Fragen nach dem, was das Sein ist, was die Erkenntnis
|
||||
zu leisten vermag, wie der Mensch zu handeln hat, bleiben. Es wäre also nicht uninteressant zu schauen,
|
||||
ob unsere Vorstellung von der Technik sich in hundert Jahren kardinal gewandelt hat, oder ob Kapp zu
|
||||
Erkenntnissen gelangte, die auch noch für uns und vielleicht unsere Nachfahren nicht von einer bloß
|
||||
geschichtlichen Bedeutung sind.
|
||||
|
||||
Kapp hat sein Werk so aufgebaut, dass er mit primitiven Werkzeugen anfängt und sich dann immer weiter zu
|
||||
komplexeren Strukturen und Artefakten hocharbeitet. Dabei greift er fast in jedem Kapitel auf ein Produkt
|
||||
aus der Geschichte der Technik, an dem er versucht, seine These plausibel zu machen. Ich wähle eine ähnliche
|
||||
Vorgehensweise und werde mich bemühen, spätere Werke der Menschenhand im Lichte Kapps Auffassung des Menschen
|
||||
und der Technik zu betrachten. Zunächst muss allerdings jene Auffassung kurz dargestellt werden.
|
||||
|
||||
\chapter{Technikkonzept von Ernst Kapp}
|
||||
|
||||
\epigraph{%
|
||||
Noch steht die Menschheit in den Kinderschuhen ihrer Kultur oder in den Anfängen der technischen
|
||||
Gleise, die sich der Geist selbst zu seinem Voranschreiten zu legen hat.\footcite[309]{kapp:technik}
|
||||
}{}
|
||||
|
||||
\section{Technik und Kultur}
|
||||
|
||||
„Grundlinien einer Philosophie der Technik“ hat noch einen Untertitel: „Zur
|
||||
Entstehungsgeschichte der Kultur aus neuen Gesichtspunkten“. Die Technik ist also nicht
|
||||
bloß ein Mittel zum Zweck, sie hat etwas mit der Entstehung der Kultur zu tun. Wenn man bedenkt,
|
||||
dass die Kultur ein Werk des menschlichen Schaffens ist, ist es auch verständlich, dass die Technik
|
||||
ein Teil der Kultur ist. Technische Artefakte haben ihre eigene Geschichte und sie haben schon immer
|
||||
die Lebensweise der Menschen stark beeinflusst. Man denke nur an den Buchdruck, der viel mehr Menschen
|
||||
den Zugang zu Büchern ermöglichte, dadurch, dass die aufwendige Arbeit des Abschreibens von Maschinen
|
||||
ersetzt werden konnte. Kapps Überzeugung ist aber, dass die Technik nicht ein Aspekt der Kultur ist,
|
||||
sondern, dass sie konstituierend für das Entstehen der Kultur ist: „Der Anfang der Herstellung
|
||||
technischer Gegenstände ist der Beginn des Kulturwesens Mensch.“\autocite[7]{leinenbach:technik}
|
||||
|
||||
Wie ist das zu verstehen? Klaus Kornwachs stellt erstmal fest, dass der Umgang mit der Technik nicht von
|
||||
der Technik selbst vollständig determiniert ist, sondern dass „verschiedene Nationen und verschiedene
|
||||
Kulturkreise unterschiedlich mit Technik umgehen und unterschiedliche Techniklinien und
|
||||
Organisationsformen hervorgebracht und zuweilen auch wieder aufgelöst
|
||||
haben“\autocite[22]{kornwachs:technik}.
|
||||
|
||||
Die Technik wird dadurch ermöglicht, dass der Mensch die Gesetze der Natur sich zunutze machen kann.
|
||||
Die physikalischen Gesetze sind aber für alle gleich. Wie kommt es, dass verschiedene Zivilisationen
|
||||
nicht die gleiche Technik bauen oder, dass sie die gleiche Technik nicht auf dieselbe Weise nutzen?
|
||||
Um diese Frage zu beantworten, macht Kornwachs die Unterscheidung zwischen zwei Arten
|
||||
technologischer Funktionalität. Die technologische Funktionalität der ersten Art ist diejenige,
|
||||
„deren physikalische Wirksamkeit und technische Brauchbarkeit invariant gegenüber der
|
||||
kulturellen Ausprägung der organisatorischen Hülle sind“\autocite[22]{kornwachs:technik}.
|
||||
Als Beispiele nennt Kornwachs Regelkreise, Hebel, Kraftmaschinen usw.\autocite[Vgl.][22]{kornwachs:technik}
|
||||
Was ist die organisatorische Hülle? „Die organisatorische Hülle einer Technik umfasst alle
|
||||
Organisationsformen, die notwendig sind, um die Funktionalität eines technischen Artifakts überhaupt ins
|
||||
Werk setzen zu können“\autocite[23]{kornwachs:technik}. Eben so eine organisatorische Hülle
|
||||
„konstituiert \textit{eine technologische Funktion zweiter Art},
|
||||
[\dots]“\autocite[23]{kornwachs:technik} Kornwachs erklärt diese am Beispiel eines Autos, dessen
|
||||
„organisatorische Hülle das gesamte System vom Straßenverkehrsnetz über die Proliferationssysteme für
|
||||
Treibstoff und Ersatzteile bis hin zu den rechtlichen Regelungen, [\dots],
|
||||
[umfasst]“\autocite[23]{kornwachs:technik}.
|
||||
|
||||
Aber nicht nur die organisatorische Hülle regelt, wie die Technik eingesetzt wird; auch die Technik prägt
|
||||
die organisatorischen Hüllen: „Es ist offenkundig, dass die organisatorische Umgestaltung unserer
|
||||
Zivilisation durch die Informations- und Kommunikationstechnologien keine dieser organisatorischen
|
||||
Hüllen unberührt lässt.“\autocite[23]{kornwachs:technik}
|
||||
|
||||
Die Kernthese der „Grundlinien einer Philosophie der Technik“ ist, dass es sich bei
|
||||
allen technischen Gegenständen um die Projektion menschlicher Organe handelt. Selbst wenn der Mensch
|
||||
keine tiefen Erkenntnisse über den Bau seines Körpers hat, projiziert er ihn unbewusst in die von ihm
|
||||
gemachten Artefakte, „[i]st demnach der Vorderarm mit zur Faust geballter Hand oder mit deren
|
||||
Verstärkung durch einen fassbaren Stein der natürliche Hammer, so ist der Stein mit einem Holzstiel
|
||||
dessen einfachste künstliche Nachbildung“.\autocite[52]{kapp:technik} Es ist nicht ungewöhnlich,
|
||||
zwischen der Technik und den menschlichen Organen und zwischen der Funktionsweise der Technik
|
||||
und derselben des Organismus Analogien zu bilden. Genauso wie den Vorderarm mit zur Faust geballter Hand
|
||||
kann man mit einem Hammer vergleichen, kann man zum Beispiel den Computer mit dem Gehirn vergleichen, weil
|
||||
die Computer viele Operationen wie das Rechnen sogar viel effizienter als das menschliche
|
||||
Gehirn durchführen können. Bei Kapp geht es aber nicht nur um Ähnlichkeiten und Analogien. Vielmehr
|
||||
behauptet er, dass die Menschen ihren Organismus und seine Funktionen in die Technik projizieren, sodass
|
||||
wenn der Organismus anders aufgebaut wäre, anders funktionieren würde, würde auch die Technik
|
||||
ganz anders aussehen. Und das beansprucht er für alle technischen Gegenstände
|
||||
ausnahmslos.\autocite[Vgl.][7]{leinenbach:technik}
|
||||
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||||
\section{Selbsterkenntnis}
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||||
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||||
Die Organprojektion ist nicht nur der Gegenstand der Technikphilosophie, sondern auch der
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Erkenntnistheorie. Die Produktion der Artefakte ist die Art und Weise, wie der Mensch die Natur
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und sich selbst erkennt. Da der Mensch seinen Organismus in die Technik projiziert und die
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Technik demzufolge Merkmale dieses Organismus hat, kann er aus der von ihm erschaffenen Technik
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sich selbst erkennen. Ein Hammer sieht nicht nur äußerlich dem Arm ähnlich, er hat auch
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strukturelle Ähnlichkeiten mit diesem. Ein Hammer besteht aus zwei Teilen: einem Stiel und
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einem Kopf. Der untere Teil des Armes besteht genauso aus dem Unterarm, an den die Hand
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angeschlossen ist. In der Technik erkennt man dann wieder die Eigenschaften, die man in sie
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projiziert hat und erkennt auf diese Weise sich selbst. „Zentrum und Ziel allen Weltgeschehens
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ist in Kapps Denken die stetig sich vergrößernde Selbsterkenntnis des Menschen. Die technischen
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Artefakte sind Vehikel dieser Selbsterkenntnis: [\dots].“\autocite[36]{fohler:techniktheorien}
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So wird der Mensch zum „Maß der Dinge“\autocite[Vgl.][73]{kapp:technik}, weil alles, was
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er in die Welt setzt, aus ihm selbst entsprungen ist. Es gibt auch keine andere Quelle der
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Erkenntnis als der Mensch selbst.\autocite[Vgl.][73]{kapp:technik}
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\begin{quote}
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Die Welt der Technik leitet demnach einen Selbstreflexionsprozeß ein, da sie zum einen
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bestimmte Entwicklungsstufe des Menschen erfahrbar mache, zum anderen jedoch auch auf das verweise, was den
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Menschen möglich sei.\autocite[10]{korte:kapp}
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\end{quote}
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Eine andere Komponente, die die Selbsterkenntnis kennzeichnet, ist die Sprache, weil „[d]ie Sprache
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sagt, welche Dinge sind und was sie sind, [\dots]“\autocite[60]{kapp:technik}. Und sie ist auch ein
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Produkt der Organprojektion. Kapp behauptet, dass die Bezeichnungen für die Gegenstände
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aus der Tätigkeit der Organe entstanden seien. So habe das Wort \textit{Mühle}
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seine Wurzel im indoeuropäischen \textit{mal} oder \textit{mar}, was soviel wie „mit den Fingern
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zerreiben“ oder „mit den Zähnen zermalmen“ bedeutet
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habe.\autocite[Vgl.][57\psq]{kapp:technik}
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\section{Terminus „Technik“}
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Hier wird es deutlich, dass es Kapp nicht bloß um den Einfluss der Technik auf die Kultur geht, vielmehr
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ist die Technik dasjenige, was die gesamte menschliche Kultur bildet. „Die Technik ist das erste
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Kulturereignis. Der Anfang der Herstellung technischer Gegenstände ist der Beginn des Kulturwesens
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Mensch.“\autocite[7]{leinenbach:technik}
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Um diese These zu verstehen, muss man untersuchen, was Kapp meint, wenn er das Wort
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„Technik“ verwendet. Mit der Entwicklung der Technik entwickelt sie auch die
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Sprache. Wenn ich heute „Technik“ sage, dann meine ich meistens Computertechnik
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oder zumindest irgendeine Maschine, ein Auto, ein Lüftungssystem und dergleichen. Wenn ich über
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Werkzeuge in meinem Werkzeugkasten spreche, dann sage ich nicht unbedingt „Technik“
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von jenen, es sei denn ich habe elektrische Werkzeuge da, wie ein Elektroschrauber oder eine
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Bohrmaschine. Es mag eine Zeit gegeben haben, in der eine Handsäge eine technische
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Errungenschaft darstellte. Heute gehört sie aber mehr zur Klasse der Werkzeuge. Das heißt man
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unterscheidet meistens in der heutigen Umgangssprache zwischen der Technik und den Werkzeugen.
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Es ist überhaupt schwierig, eine Definition der Technik zu entwickeln, die man verwenden könnte,
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um zwischen technischen Gegenständen und übrigen zu differenzieren. Ich habe vorher von
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den von Menschenhand geschaffenen Gegenständen als von der Technik gesprochen. Aber zählt ein
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gemaltes Bild zur Technik? Wohl eher nicht. Es ist Kunst. Ist ein technischer Gegenstand keine Kunst?
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Man würde meinen: Nein. Der Ingenieur, der Monate verbracht hat, es zu entwerfen und zu konzipieren,
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könnte dem widersprechen. Die Technik hat noch eine weitere Eigenschaft, dass sie einen Nutzen hat.
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Allerdings auch die Kunst hat für viele Menschen einen ästhetischen Nutzen. Man kann den
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„Begriff“ auf die eine oder andere Weise definieren, aber eine solche Definition wäre
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meines Erachtens der Umgangssprache nicht gerecht und würde nicht alle Anwendungsfälle decken.
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Wenn man zu diesem Begriff von einer anderen Seite kommt, kann man zwischen zwei Bedeutungen dessen
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unterscheiden. Zu einem bezeichnet man Gegenstände als Technik: ein Videorecorder ist Technik, ein
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Fernseher ist Technik. Zum anderen spricht man von erlernten Fähigkeiten als von den Techniken. In
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diesem Sinne gibt es Maltechniken, Kampftechniken, Lerntechniken und andere Techniken. Der Begriff
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hat also noch eine funktionale Seite.
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Kapp hat diese Vielfalt des Technischen in seine Philosophie aufgenommen. Es war vorhin davon die
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Rede, dass der Mensch seinen Organismus in die Technik projiziert, und bei den ersten Werkzeugen
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sieht man gewisse Ähnlichkeit mit den Organen. Aber auch der Umstand, dass die Technik mit einer
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Funktion verbunden ist (dass sie eine Fähigkeit bezeichnen kann), ist ihm nicht entgangen.
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„An die Stelle der Ähnlichkeit, welche die äußere Gestalt der Organe des Menschen mit deren
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gegenständlichen Projekten besitzt, tritt im Fortgang der Entwicklung technischer Gegenstände bis
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hin zur Maschine vielmehr die Projektion des organischen
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Funktionsbildes, [\dots]“\autocite[61]{leinenbach:technik} Man hat versucht Kapps Theorie
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zu widerlegen, indem man nach Artefakten gesucht hat, die keine Ähnlichkeiten mit irgendeinem
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Organ aufweisen: das Rad\autocite[Vgl.][84--86]{leinenbach:technik} oder das künstliche
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Licht\autocite[Vgl.][88\psq]{leinenbach:technik}.
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Das war auch für Kapp offensichtlich, dass nicht alle Werkzeuge und Maschinen äußere Ähnlichkeiten
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aufweisen. Vielmehr entfernt sich die Technik im Prozess ihrer Entwicklung von ihrem
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ursprünglichen Vorbild. Kapp spricht zum Beispiel von „vergeistigten“ Werkzeugen, die eher
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den menschlichen Geist projizieren als seinen Körper. So heißt es von dem Werkzeug der Kommunikation,
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der Sprache:
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\begin{quote}
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In der Sprache hört der Unterschied von Kunstwerk und Werkzeug, der sonst durchweg feststeht,
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ganz auf. Indem sie erklärt, was sie selbst ist, übt sie gerade das aus, was sie erklären will. Mithin
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ist sie das Werkzeug, sich als ihr eigenes Werkzeug zu begreifen, also ein vergeistigtes Werkzeug,
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Spitze und Vermittlung zugleich der absoluten Selbstproduktion des Menschen.\autocite[248]{kapp:technik}
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\end{quote}
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Die „Spitze“ der Organprojektion sind gar nicht die technischen Artefakte, sondern der
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gesamte kulturelle Reichtum, den der Mensch um sich schafft. Nur ist diese kulturelle Bereicherung
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ohne Technik nicht möglich. Außer dass Kapp verschiedene Bedeutungen der Technik in seine Theorie
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aufnimmt, breitet er diesen Begriff so weit aus, dass er auf jegliche Errungenschaft das Menschen
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angewendet werden kann. Solche Verwendung des Begriffes „Technik“ mag zunächst
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befremdend erscheinen, aber sie ist unserer Sprache auch nicht vollkommen fremd, denn wir
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instrumentalisieren auch geistige Prozesse und sprechen von der Sprache als dem
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\textit{Werkzeug} der Kommunikation oder der Logik als dem \textit{Werkzeug} des Denkens.
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\section{Kapps Menschenbild}
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Zwar projiziert sich der Mensch immer in die Technik, aber dieser Prozess wird nie abgeschlossen. Es
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gibt immer eine unendliche Kluft zwischen der Natur und dem Mechanismus.
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\begin{quote}
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[\dots]; der Mechanismus, durch Zusammensetzung von außen zustande gebracht, ist eine „Mache“
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der Menschenhand. Der Organismus ist wie die gesamte Welt \textit{natura}, ein Werdendes, der
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Mechanismus ist das gemachte Fertige; dort ist Entwicklung und Leben, hier Komposition und
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Lebloses.\autocite[68]{kapp:technik}
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\end{quote}
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Kapp ist kein Materialist und der Mensch ist für ihn kein rein materielles Wesen. Anstatt von der Materie
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und dem Geist zu sprechen, spricht Kapp von der Psychologie und der Physiologie, zwei Gegensätze, die die
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menschliche Natur in sich vereinigt. Allerdings ist auch keine Trennung dieser zwei Bestandteile möglich.
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Man kann auch nicht sagen, dass das eine wichtiger oder wesentlicher wäre als das andere, wie es zum
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Beispiel Descartes sieht\footcite[Vgl.][43]{geschichte1718}. Der Mensch ist nur als ein Ganzes möglich und
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denkbar: „Psychologie und Physiologie haben lange genug fremd gegen einander getan,
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[\dots]“\autocite[19]{kapp:technik}. Auch das kulturelle Gut und die Technik sind nicht sekundär,
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obwohl es auf den ersten Blick scheint, als ob die menschliche Existenz auch ohne diese denkbar wäre,
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weil sie erst ein Produkt seiner geistigen Aktivität sind. „Einerseits sollen die natürlichen
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Organe das Vorbild aller mechanischen Objekte und Ensembles sein, andererseits lässt sich erst durch
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deren Strukturen und Funktionen das Wesen der Organe
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erkennen.“\autocite[XXXV-XXXVI]{maye:einleitung-kapp}
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\section{Kritik}
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Ganz am Anfang klingt Kapps Theorie sehr plausibel. Bei einfachen Werkzeugen kann man das sich sehr gut
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vorstellen, dass der Mensch seine Organe als Muster für die Werkzeuge benutzt hat. Vor allem, weil die
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eigene körperliche Kraft nicht ausgereicht hat, musste man einen Weg finden, zu kompensieren, anders
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gesagt, man musste seine natürlichen Organe verlängern und verstärken.
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Allerdings mit dem Fortschritt der Technologie, wenn die direkte Analogie zwischen dem Organ und
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dem Produkt der Menschenhand zu schwanken beginnt, fällt es einem immer schwerer, an die
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Organprojektion als eine universelle Theorie zu glauben.
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Es liegt in der Natur des Menschen, seine Umwelt immer weiter zu gestalten, und seine Werkzeuge und
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Maschinen weiter zu entwickeln. Und auch schwere Maschinen helfen dem Menschen, schwere Arbeiten
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auszuführen, die er sonst mit seinen eigenen Organen verrichten sollte. Deswegen können auch sie
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als Projektion menschlicher Organe und ihrer Funktionen betrachtet werden. Allerdings wenn Kapp
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Beispiele wie „[d]as Netz der Blutgefäße als organisches Vorbild des
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Eisenbahnsystems“\autocite[121]{kapp:technik} einführt, stellt sich die Frage, wie es zu
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überprüfen ist. Kapp zwar besteht darauf, dass es nicht bloß das „Sinnbildliche der
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Allegorie“ ist, sondern das „Sach- und Abbildliche der
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Projektion“\autocite[Vgl.][129]{kapp:technik} und versucht das argumentativ
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zu stützen\autocite[Vgl.][129--130]{kapp:technik}, seine Argumentation kann jedoch nicht als ein
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handfester Beweis gelten.
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Die Hauptschwäche dieser Theorie ist ihre Überprüfbarkeit. Ich kann höchstens auf bestimmte
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Ereignisse oder Artefakte hinweisen und sie zum Vorteile der Theorie deuten, aber meine
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Behauptung lässt sich nicht empirisch überprüfen. Ich kann nur versuchen sie plausibler als
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die Alternativen zu machen. Vor allem geschieht die Organprojektion nach Kapp
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\textit{unbewusst} und weist sich erst im Nachhinein als solche aus. Und um den Ursprung und
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die Art unbewusster geistiger Vorgänge lässt sich nur spekulieren.
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Des Weiteren war Kapp auf die Technik seiner Zeit beschränkt. Er konnte selbstverständlich
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nicht voraussehen, welche Herausforderungen die künftige Technik mit sich bringt, und ob die
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Theorie entsprechend angepasst werden soll. Der Glaube an den Menschen als ein einzigartiges
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Geschöpf der Natur wird immer schwächer. Vielleicht ist er gar nicht so einzigartig, vielleicht
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kann man ihn nachbauen, vielleicht kann man das, was in seinem Kopf vorgeht, auf eine Reihe
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von Algorithmen reduzieren. Immer mehr Menschen glauben, dass es sehr bald möglich sein wird.
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Für Kapp war der Mensch noch der einzige Schöpfer seiner Technik:
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\begin{quote}
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Niemals ist aber bei irgendeiner Maschine die Menschenhand völlig aus dem Spiele; denn auch
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da wo ein Teil des Mechanismus sich gänzlich ablöst, wie der Pfeil, die Gewehrkugel, die dem
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Schiffbrüchigen die rettende Leine überbringende Rakete, ist die Abweichung nur vorübergehend und
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scheinbar.\autocite[64\psq]{kapp:technik}
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\end{quote}
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Die Technik, die immer menschlicher wird, macht darüber nachdenklich, ob der Mensch diesen Status
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für die gesamte Zeit seiner Geschichte behalten kann. Andererseits das Sprechen über die Maschinen,
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die man von einem Menschen nicht mehr unterscheiden kann, ist auch nur noch eine Spekulation. Und
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es ist meines Erachtens noch zu früh, sie als ein Argument gegen Kapps Ansichten auszuspielen.
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Schließlich hat auch die höchste entwickelte Technik ihren Ursprung im Menschen und ist Folge
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seiner Leistung, wie es Kapp auch sagt. Das heißt, wenn eine Maschine ohne menschliche
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Teilnahme andere Maschinen produzieren kann, so wurde sie so konstruiert, um diese Aufgabe
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zu erfüllen. Es wird inzwischen über die Maschinen spekuliert, die auch geistige Leistungen
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des Menschen übernehmen können, die zum Beispiel selbst programmieren können, und so andere
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Maschinen hervorbringen, die nicht nur nach einem bestimmten Plan konstruiert sind, sondern
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tatsächlich neue Technik darstellen. Aber selbst in diesem Fall soll solche Intelligenz erstmal
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künstlich geschaffen werden, sie würde ihre Existenz immer noch dem Menschen verdanken. Das ist,
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denke ich, die Tatsache, auf die Kapp hinweisen wollte.
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Man darf auch nicht vergessen, dass obwohl wir Technik bauen und verwenden, darüber zu
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reflektieren, warum wir sie eigentlich brauchen und warum wir so bauen, wie wir sie bauen, keine
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einfache Aufgabe ist, die lückenlos gelöst werden kann. Deswegen verdient Kapps
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Theorie Aufmerksamkeit als ein möglicher Lösungsansatz.
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\section{Kapps Technikphilosophie in Anwendung auf die nachfolgende Geschichte der Technik}
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Das Kapitel, in dem Harald Leinenbach über die Rezeptionsgeschichte der Organprojektionstheorie spricht,
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nennt er „Die Grundlinien einer Philosophie der Technik“
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„Kapps mystisches Blendwerk“\autocite[60]{leinenbach:technik}, womit er andeuten will,
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wie das Werk meistens rezipiert wurde.
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„Dabei finden sich Erwähnungen der Organprojetionstheorie meist bloß in knappen
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Randbemerkungen. Kapps Technikphilosophie ist nirgends aufgenommen, geschweige denn konstruktiv
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weitergeführt worden.“\autocite[61]{leinenbach:technik} Als Grund gibt Leinenbach an, dass
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Kapp von seinen Gegnern immer missverstanden wurde, dass man seine Theorie nicht zu Ende denkt, sondern
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sich „hauptsächlich am Organprojektionsstatus der technischen
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Gegenstände“\autocite[60\psq]{leinenbach:technik} aufhält, und
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sobald man eine Maschine findet, die äußerlich dem menschlichen Organismus nicht ähnlich ist, hört
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man auf und lehnt die Theorie als unzureichend ab. Dazu kommen noch Begriffe wie das Unbewusste, mit
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denen Kapp gearbeitet hat.\autocite[Vgl.][64]{leinenbach:technik} Besonders in der Zeit, in der die
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Künstliche Intelligenz entwickelt wird, scheint die Hoffnung zu wachsen, das Unbewusste aus der Welt
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zu schaffen, und alles Menschliche ohne Rest technisch reproduzieren zu können.
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Im Folgenden möchte ich überlegen, wie Kapp seine Theorie auf die heutige Technik anwenden
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würde oder könnte. Eines der Gebiete, dessen Entwicklung für die Moderne unentbehrlich ist, ist die
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Computertechnik. Wobei ich für die vorliegende Arbeit einen breit gefächerten Computerbegriff benutzen möchte.
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Computer werden immer universeller und können immer mehr Aufgaben ausführen, deswegen sind sie bereits
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ein Teil vieler Bereiche unseres Daseins. Sie werden vorprogrammiert, um anhand gegebener Daten bestimmte
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Aktionen auszuführen. In diesem Sinne ist nicht nur ein Laptop ein Computer, sondern auch ein Handy;
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genauso ist ein Roboter ein komplexer Computer.
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